Feststecken

AnnSophie Eckel

von AnnSophie Eckel

Story

Ich stecke fest. Es liegt nicht an dir, aber irgendwie doch. Ich weine nicht, ich ertrage es, Tag für Tag. Warum? Loslassen kann ich auch nicht. Wie als würde eine Person eine Pille nehmen, täglich. Sie schadet ihm, aber aufhören kann er nicht. Sie macht ihn kaputt, er hört nicht auf. Er zerbricht jetzt schon daran, mehr und mehr. Doch irgendetwas lässt ihn hoffen, hoffen, dass die geringe Wahrscheinlichkeit Wirklichkeit wird.

Sie hat ihn schon so oft enttäuscht. Sie hat sein Herz schon so oft zum Hüpfen gebracht. Noch gehört sein Herz ihr. Wie lange noch? Sie will es doch gar nicht. Jedes Mal, wenn sie sich sehen, kommen sie sich näher, aber irgendwann wird es nicht mehr näher werden. Er weiß das. Aber noch sind sie nicht an diesem Punkt, vielleicht werden sie es auch nie sein.

Kommt irgendwann der Zeitpunkt, wenn es vorbei ist? Vorbei sein, das kann vieles. Aber was muss vorbei sein, dass es vorbeigehen kann? Er weiß es nicht, ich auch nicht, sie wahrscheinlich am wenigsten. Sie weiß nicht, dass etwas für ihn vorbei sein muss. Es sieht für mich so aus, als wäre er ein gesteuerter Roboter in ihrer Nähe. Sie hat mindestens die Hälfte, wenn nicht sogar einen größeren Teil der Fernbedienung in der Hand. Niemand wird sie ihr wegnehmen. Man kann keiner Person etwas wegnehmen, das sie nicht bewusst hat. Sie kann es nur selbst weglegen. Dann hätte der Roboter aber keine Steuerung mehr. Das wäre schlimm für ihn, aber er kann dann wieder lernen, dass er sich selbst in der Hand hat, bis er einer anderen Person gegenübersteht, der er die Fernbedienung übergibt. Bewusst oder unbewusst. Vielleicht hat er Glück und er begegnet nächstes Mal einem anderen Roboter und sie können sich gegenseitig steuern. Er muss sich immer wieder bewusst machen, dass sie kein Roboter ist, auch wenn sie ihm sehr ähnlich ist. Er hat auch nicht ihre Fernbedienung in der Hand, ihre Fernbedienung hat schon eine andere Person und sie hat auch seine. Ihre ist gut, bei ihm aufgehoben, das weiß er. Die beiden haben etwas, das kann man nicht benennen, es ist schön. Er wünscht sich das auch, aber er weiß, dass er das nie bei ihr bekommen wird. Ich finde es traurig, dass er all das weiß, es aber nicht schafft loszulassen und sie nicht täglich so in sein Leben zu lassen. Was ich weiß, ist, dass er ständig dagegen versucht anzukämpfen. Aber wie soll ein Mensch auch gewinnen, wenn er mit sich selbst kämpft? Macht ihn das nicht noch kaputter? Wie fühlt es sich an Menschen nicht gehen lassen zu müssen?

Kann ein Mensch vom einen auf den anderen Augenblick vom glücklichsten zum traurigsten Menschen der Welt werden, wenn er nicht mehr lachen und weinen kann? Ja, wenn sie da ist, kann er das. Sein Herz ist ihr Spielball, auch wenn sie es nicht sieht, sie spielt die ganze Zeit damit. Und er? Er lässt es geschehen. Er lässt alles damit machen und wehrt sich nicht mal. Machtlos. Erschöpft von dem Kampf, der schon zu lange geht. Er traut sich auch nicht mehr etwas dagegen zu tun. Er will ihr gefallen, auch wenn das nichts bringt. Sie will ihr gefallen, auch wenn das nichts bringt. Er ist eine sie. Sie ist ein er. Sie ist eine sie. Er ist ein er. Ich bin er. Ich bin sie. Ich bin ich. Ich kenne jetzt alle. Zusammen schaffen sie es in Zukunft vielleicht auch zu kämpfen und alles zu überwinden, er muss das nicht mehr allein.

© AnnSophie Eckel 2023-09-26

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional