Seit einiger Zeit brennen in mir zwei Feuer. Das eine zerstört mich, macht mich wütend, lässt mich zweifeln und entfacht eine Unruhe in mir. Das zweite wärmt mich, gibt mir Hoffnung und lässt mich glauben. Das erste Feuer leuchtet in einem kalten, unfreundlichen Blau. Die Wärme, die es verbreitet, ist keine angenehme. Sie ist zerstörerisch, hat immense Kraft und verbrennt alles um sich herum. Das zweite Feuer leuchtet in einem warmen, freundlichen Orange. Die Wärme, die es verbreitet, ist eine angenehme. Sie erneuert alles, was das andere Feuer zerstört hat und erweckt zum Leben, was das andere Feuer verbrannt hat.
Obwohl die zweite Flamme kleiner ist, als die andere, versucht sie, die Dunkelheit und Kälte der anderen Flamme zu überstrahlen. Diese kleine Flamme schafft es zwar nicht, die größere auszulöschen, aber sie drängt sie in den Hintergrund.
Es gibt Momente, wo das große Feuer einfach stärker ist. In diesen Momenten fehlt mir der Glaube an die Menschheit. In diesen Momenten fehlt mir der Glaube an Zusammenhalt. Und vor allem fehlt mir in diesen Momenten die Hoffnung auf eine schöne Welt.
Es gibt aber auch Momente, in denen die kleine Flamme an Kraft gewinnt, und das große Feuer zurückdrängt. In diesen Momenten weiß ich, dass die Hoffnung auf Zusammenhalt noch nicht verloren ist. In diesen Momenten weiß ich, wie wichtig jeder kleine Schritt in die richtige Richtung ist. Jeder kleine Schritt Richtung Gemeinschaft, Friede und Liebe lässt die kleine Flamme wachsen. Und je größer diese wird, desto leichter kann sie das zerstörerische Feuer zurückdrängen.
Die beiden Feuer in mir stehen immer im Wettstreit. Wer strahlt heller, wer hat das Sagen? Vielleicht, irgendwann, wenn die Welt wieder besser ist, wenn es keine Ungerechtigkeit mehr gibt und alle friedlich miteinander leben, vielleicht erlischt dann das große Feuer und das kleine erwärmt mich noch einige Zeit, bis auch dieses Feuer nicht mehr notwendig ist, weil alle Hoffnungen in Erfüllung gegangen sind und das Feuer der Hoffnung seine Arbeit getan hat. Vielleicht schaffen wir es, zusammenzuhalten und gemeinsam die Schritte in die richtige Richtung zu gehen.
© Sarah Atzlesberger 2023-07-31