von Kamélia Bancsov
Am nächsten besonders sonnigen Tag traf ich Tom. Ich hatte beinahe vergessen, dass er mitgekommen war, was seltsamer war als alles andere in diesem verfluchten Ort, weil ich ihn noch immer liebte. Er wusste natürlich nichts davon.
Im Zentrum des Dorfes lag der Kanal, über ihm schwebte eine seltsame Stille, wir setzten uns ans Ufer. Die alte Bombe ragte halb aus dem Wasser, rostig und protzig. Toms Kamera fing scheinbar mehr ein als nur Bilder. Als ich mir die Fotos ansah, sah ich Schatten aus der Vergangenheit, Erinnerungen der Dorfbewohner, die sich auf der Oberfläche des Kanals spiegelten. Auf einem sah ich mich sogar selbst, aber mit grauem Haar. Auf einem anderen: eine Szene aus 1999, als das Dorf die Bombe versenkte, um sie zu vergessen.
Ich reichte Tom die Kamera panisch, er meinte, er sehe nichts Ungewöhnliches. Mein Gehirn spielte wieder verrückt. Als er mir die anderen Bilder zeigte, um mich zu beruhigen, erblickte ich eine lächelnde Frau neben ihm. Er zuckte zusammen. Das wollte er mir offensichtlich verschweigen.
Später an dem verfluchten Tag traf ich Tom wieder, als wäre mein Leben nicht schon bitter genug: Er war aus der Puste. Er schrie nur: „Feuer, das Feuer …“
Als ich ihm folgte, sah ich, dass die Flammen auf dem alten Haus hochschlugen. Funken wirbelten durch die Luft, während die Glut sich hungrig durch die Bretter fraß. Der Rauch war dick und beißend, trieb uns allen Tränen in die Augen.
Die Familie, der das Haus gehört, rannte hin und her, goss Wasser aus Kannen und Schüsseln auf das Feuer, als könnte die kleine Menge gegen die tobende Hitze helfen. Es brachte leider nichts. Wir wollten Hilfe holen, aber die Familie hatte bereits aufgegeben. Tom und ich standen paralysiert da, als uns die Wahrsagerin zurief: „Wir haben bereits Hilfe gerufen, aber niemand wird kommen.“
Mit entschlossener Miene sprach sie weiter: „Sie waren nicht gut mit Margarethe, sie wurden bestraft.“ Hatte das mit der mysteriösen verschlüsselten Nachricht beim Abendessen zu tun?
Und draußen, hinter dem rostigen Tor, standen die Plebs. Sie beobachteten. Ihre Gesichter waren ruhig, leer, als gehöre das Schauspiel nicht zu ihrer Welt. Niemand griff ein. Sie standen dort, als wären sie nur leere Hüllen von den einst lebendigen Menschen. Die Zombies waren also real.
Erst Minuten später, viel zu spät, hörte man das entfernte Dröhnen eines Motors. Blaue Lichter schnitten durch die Dunkelheit. Die freiwillige Feuerwehr kam mit Schläuchen. Doch der Schaden war längst geschehen. Die Familie stand still zitternd. Und draußen, hinter dem Tor, haben sich die Schatten endlich bewegt. Sie gingen lautlos.
© Kamélia Bancsov 2025-08-25