Feuer frei

Dimitri Gröpler

von Dimitri Gröpler

Story

Vor lauter Hitze sind die PlastikstĂŒhle auf der Terrasse geschmolzen. Eine weiße, leicht schaumige Suppe fließt ĂŒber die Steinplatten, in das verdorrte Gras hinein und frisst sich durch, bis zum Pool.

Dort angelangt, klettert die chemisch riechende FlĂŒssigkeit an den WĂ€nden des ausgetrockneten Wasserbeckens hinunter, auf die kochende Bodenplatte und brutzelt bis zur SchwarzverfĂ€rbung.

Eine grĂŒne Stichflamme wĂ€chst aus dem Dach des Hauses. Bald findet sie eine gelbe Freundin, die breit aus dem Fenster schaut und sich schnell zur Gruppe aufblĂ€ht. Am Dachgiebel treffen Sie sich und grĂŒnden eine flammende Großfamilie, die sich bis zur Bausubstanz durcharbeitet und das GebĂ€ude aus seinem KostĂŒm entkleidet.

Die schwarzweiße Bratsuppe schaut aus dem Pool heraus dabei zu, wie der Wohnort zum rauchenden Komposthaufen gerĂ€t.

Wenn ein Feuer frei ist und atmen kann, so macht es, was es will. Dabei hat ein Feuer doch keinen Willen, sondern nur ein Können. Es ist der Mensch, der will und nicht kann, nur Zusehen kann er und das auch noch schlecht, denn der Rauch beißt die Augen wund.

Die Sirene der Feuerwehr schreit auf und stört das Knistern, Knacken und Zischen. Dabei ist sich gegen das Feuer sowieso nicht zu wehren. Die Flammen können an ihrem Fortschreiten gehindert werden, aber das, was sie bereits mit sich genommen haben, ist unwiederbringlich.

Wenn ein Feuer frei ist, nimmt es sich, was es braucht, um zu brennen, zu lodern, zu leuchten. Ein freies Feuer bĂŒndelt Energie und wandelt sie um, greift nach festen Dingen und formt sie zu Rauch.

Gern hĂ€tte ich meine HĂ€nde nocheinmal ĂŒber die Holzbalken gleiten lassen, den Muff des Dachbodens am Gaumen geschmeckt und das, durch die Luke einfallende Sonnenlicht begehrt.

Um die PlastikstĂŒhle ist es nicht schade. Die Feuerwehrleute steigen aus ihren Autos, der Rauch steigt gen Himmel, ich steige auf mein Rad und fahre weiter, spĂ€t dran, wie immer.

© Dimitri Gröpler 2021-05-08

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