von Saskia Winkler
Wasser tropfte von schwarzen Handschuhen auf raue Holzdielen, wo die Sprenkel ein wirres Muster in das Braun malten. Hätte ich nach unten gesehen, nur einen winzigen Augenblick, wäre mir das Mosaik aus Sauer- und Wasserstoff sicher aufgefallen. Wie sonst auch. Normalerweise. Die kleinen Ästhetiken des Alltags. Nicht heute. Mit angespannten Gliedern kniete ich auf dem Boden. Hier war es vollkommen egal, dass mich das auf den ersten Blick diffus erscheinende Farbenspiel der Wassertropfen zum Lächeln gebracht hätte. Hier war Wasser nicht dafür verantwortlich Kunst zu verkörpern. Es diente einzig und allein einem Zweck: Löschen. Knisternd bahnte sich die Flüssigkeit den Weg aus der Düse des Hohlstrahlrohrs und ergoß sich über die Zimmerdecke, um im nächsten Moment zu verdampfen. Der Kühlungseffekt. Mit einer schnellen Handbewegung zog der Truppmann das Strahlrohr wieder zurück und wartete darauf, dass ich, seine Kollegin die Türe schloss. Ich wusste, was ich tat, als ich die Hand zu einer Faust ballte und mit voller Wucht gegen die Zimmertüre hämmerte.
Eins. Das Innenfutter der Handschuhe schmiegte sich beim Aufprall näher an meine Haut.
Zwei. Der Stoff scheuerte.
Drei. Mit den Augen starr auf meinen Kameraden gerichtet, schlug ich weitere Male gegen den Eingang.
Neun. Der Truppmann richtete sich auf und hielt das Strahlrohr noch fester, um für die nächsten Sprühstöße bereit zu sein.
Zehn. Kratzend öffnete sich die Zimmertüre einen Spalt. Er war gerade breit genug, um den Truppmann mit dem Strahlrohr hindurchzulassen, damit er erneut gegen die Zimmerdecke spritzen konnte. Die Feuerquelle musste dort hinten irgendwo sein und fast hätte der Feuerwehrmann dem Impuls hineinzugehen, nicht widerstehen können. Doch sein Verstand hielt ihn zurück und er krabbelte rückwärts aus dem Rahmen, sodass die Türe noch einmal geschlossen werden konnte. Nachdem wir die Prozedur wiederholt hatten und uns sicher sein konnten, den Raum ausreichend abgekühlt zu haben, verschwanden wir zwei Feuerwehrleute in das rauchgetränkte Zimmer. Schwaden hingen an der Decke und die Schutzkleidung an unseren doch so unterschiedlichen Körpern, ließ uns lediglich erahnen, wie heiß es hier drin sein musste.
Es war sein erstes Feuer. Ich konnte es ihm ansehen. Seine Bewegungen waren starr und mechanisch, als folge er einem nicht gänzlich ausgefeilten Muster. Doch wie das Spiel der Wassersprenkel auf den Dielen trug auch mein Trupppartner eine verborgene Regelmäßigkeit in seinem Tun. Nebeneinander krochen wir durch den Raum, immer eine Hand an der Zimmerwand, um die Orientierung nicht zu verlieren. Der Schein zwischen dem zähen, nebelartigen Rauch wurde heller.
„Da vorne!“, rief ich. Der Membran der Atemschutzmaske dämpfte meine Stimme, doch der Truppmann schien mich zu verstehen und so steuerten wir zielstrebig auf die Flammen zu. Seine Maske verbarg ein stolzes Lächeln als die ersten Tropfen aus dem Strahlrohr Richtung Feuer drangen.
© Saskia Winkler 2021-04-14