Filmstar für eine Nacht

Steffi_C

von Steffi_C

Story

Ich wohnte gerade auf Mallorca. Um mir in der Vorsaison etwas Geld dazuzuverdienen hatte ich über Facebook einen Gelegenheitsjob an Land gezogen. In Arenal fand eine deutsche TV-Produktion statt und man suchte Komparsen. Durchs Bild schlurfen und dabei so aussehen, als würde ich nicht dazugehören klang genau nach meiner Qualifikation.

Arbeitsbeginn war um 14 Uhr am Flughafen, wo der erste Dreh stattfand. Ich musste eine Liste mit Wechselkleidung mitbringen für verschiedene Szenen-Drehs und ein paar Utensilien wie Koffer, Blumenketten, bunten Haarschmuck. Immerhin ließ mich das fast sicher sein, dass ich nicht in einem Porno mitspielen würde. Vier Stunden lang lief ich von A nach B und weiter nach C. Dabei zog ich brav mein Köfferchen hinter mir her, während die echten Schauspieler vor einem Reisebus ihren Text immer wieder und wieder aufsagten. Es war spaßig, so etwas einmal live zu erleben, und leichter hatte ich mir selten Geld verdient. Zwischen den Drehs hörte ich mir die Geschichten der anderen Komparsen an, die alle das Glück auf dieser Insel suchten und noch voller Hoffnung auf den bevorstehenden Sommer waren. Ich hingegen würde diesen Komparsen-Koffer schon bald wieder packen und damit das Weite suchen. Ich war am falschen Ort gestrandet oder gab ich zu früh auf? Sollte ich Mallorca und der neuen Saison nicht doch noch eine Chance geben?

Kurz darauf Szenenwechsel. Wir fuhren nach Arenal, wo in einem Hotel, das noch vorsaisonal geschlossen war, die Abendszene gedreht wurde. Eine Party am Pool. Mit einem Glas Wasser in der Hand so zu tun, als wäre es Alkohol und dabei auszusehen, als hätte ich Spaß war quasi meine Königsdisziplin. Die hatten ja so ein Glück, dass ich mich für diesen Job gemeldet hatte, dachte ich mir und drapierte mich lässig am Poolufer. So tanzten wir ohne Musik, lachten ins Leere – «keiner darf in die Kamera schauen!», lautete die strenge Anweisung –, und taten, als wäre es ein sommerwarmer Mallorca-Abend während, bei gerade mal neun Grad der Nieselregen einsetzte. Der Dreh dauerte die ganze Nacht an. Die Szenen wurden ins Unendliche wiederholt und wir froren uns in unseren Sommerkleidchen die Komparsenärsche ab. Es war härter als gedacht und gegen vier Uhr nachts war ich kurz davor aufzugeben. Aber dann am Ende der Nacht ging auch am Filmset die Sonne auf und ich fuhr mit meinen frisch verdienten 140 Euro quer über die Insel, wo ich durchgefroren und müde vom Trockentanzen ins Bett fiel.

Sollte ich auf der Insel bleiben, auf der so vieles nicht echt schien und weiterhin Komparse in meinem eigenen Leben sein? Oder wäre es endlich an der Zeit, das Leben in die Hand zu nehmen?

© Steffi_C 2021-01-31

Hashtags