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MISERANDVS

von MISERANDVS

Story

Weil mein Foto von Lydias Parte nicht sonderlich gut geworden ist, schreibe ich der Pfarre, ob die so nett sein könnten, mir eine Kopie davon zukommen zu lassen – als Erinnerung. Heute Abend bekomme ich die Antwort. Zusammengefasst: Ich solle mich an die Familie wenden, welche die Parte bezahlt hat. Gut, das ist durchaus logisch. In Summe ist die Mail sehr unfreundlich und schulmeisternd formuliert, von oben herab in der Wortwahl. Und ich bin pikiert, weil ich mir denke, grade bei einem Trauerfall könnte man durchaus empathischer formulieren. Der Mensch, der mir schreibt, ist nicht ungebildet. Das merkt man an seiner Wortwahl. Ich google ihn. Es ist der Mesner.

Und im ersten Zorn will ich ihm antworten. Doch ich verkneif es mir, denn ich würde sarkastisch sein. Jeder normale Mensch würde die Mail löschen, den Inhalt vergessen. Doch ich bin gekränkt und ich bin sogar verletzt. Was heißt?! Jeder normale Mensch würde gar nicht in dieser Lage sein. Ich trauere meiner toten Ex nach. Ich bin wütend über meine Unvernunft.

Ich schaue auf die Lydias Licht mit dem Herz drauf, das neben Vatis Kerze brennt. Ich atme laut ein und seufzend aus. “Das kann doch nicht sein, dass mein ganzes Leben lang ein Kampf um dich sein muss, selbst über deinen Tod hinaus, dass mir Hinz und Kunz immerfort Prügel zwischen die Beine werfen müssen, und ich selbst die kleinesten Dinge um dich stets mit hohem Aufwand betreiben musste und nun noch immer muss.”, sage ich leise, und in meinem Schädel pocht es.

“Oder bist du das, Lydia? Ist das dein Werk? Ist es vielleicht so, dass du deine Ruhe vor mir haben willst? Hast du dich deswegen in all den Jahren nicht einmal gemeldet bei mir? Ich mein die Zeit vor dem Koma. Schickst du mir all diese Idioten? Stellst du mir die alle in den Weg, damit ich … dich in Ruhe lasse?”

“Ich bin es so leid, um dich zu kämpfen, und dass du mir nicht dabei hilfst. Es ist wie damals. Ich will das nicht mehr. Ich kann das nicht mehr, Ich strauchle mich ab, und du tust nichts. Ist es das, was du willst? Dann lass ich dich los.“

In mir krampft sich alles zusammen, denn schon einmal habe ich in tiefer Enttäuschung eine fatale Entscheidung getroffen – müde des Kämpfens, ausgebrannt, verletzt und impulsiv.“ Ich warte lange schweigend auf irgendwas, das ich als Antwort auslegen könnte. Ein Kerzenflackern würde reichen. Nichts passiert.

“Weißt du was, …”, sage ich leise und ruhig, obgleich ich innerlich koche, und ich nehme Lydias Kerze in die Hand: “… ich bin es leid. Leb wohl!” Dann puste ich die Kerze aus und werfe sie in den Mülleimer.

Es tut mir weh, das zu tun. Mein nüchterner Verstand übernimmt eisern die Kontrolle. Mir wird bewusst, dass ich dumm war, emotional. Lydia hat mich schon lange nicht mehr geliebt. Sie ist tot.Eine Seele, das Leben danach, Wiederfinden und ewiges Glücklichsein im Paradies sind Ammenmärchen. Wenn ich an sie denke, werde ich liebevoll an sie denken.

Und das ist das nüchterne Ende unserer Geschichte. Dem Mesner sei Dank! Ich schließe mit Lydia ab.

© MISERANDVS 2021-05-03

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