First Cruising 11 -I´m signed off-

Erich Stöger

von Erich Stöger

Story
Zwischen Neuer und Alter Welt 1974

Heimat ich komme!

Hans, holländisch und schwul, trotzdem ein lieber, sprichwörtlich alter Freund. Mit seinen fast fünfzig Jahren wahrlich ein alter Seebär, prophezeite mir, dass ich zur Chrismascruise „Around South America“ wieder zurück bin. Er irrte. Ich sah ihn und die Gripsholm nie wieder. Generell zählte ich viele von seinen Freunden zu meinen Freunden, da alles zwischen uns klargestellt war, gab es gegenseitiges Verständnis und Respekt. Ich glaube, noch nicht berichtet zu haben, dass es unter der Crew nur zwei weibliche Mitglieder gab.  Die eine war Cabin-Chefstewadess und die andere Chefgardemanger (Kalte Küche). Für kurze Zeit in der Karibik, kam noch eine junge Matrosin dazu, alle drei Schwedinnen. Die wahrscheinlichste Erklärung dafür, dass es viele Homosexuelle zu dieser Zeit auf allen Kreuzfahrtschiffen gab. Also nicht nur bei uns. Diese Zeiten sind vorbei.

Die Abmeldung beim Crewpurser war eine Formalität. Mein Arbeitszeugnis war bereits ausgestellt. Von meinem ersparten Gehalt und den Trinkgeldern behob ich nur eine kleine Summe, den Rest ließ ich nach Hause überweisen. Natürlich reichte eine Farewell Party nicht aus, da ja die Dienstzeiten verschieden und auch die Kabinen sehr klein waren. Auch wenn die Nachbarkabinen „mitspielten“, musste man aufpassen, da ja Alkohol (außer Bier) offiziell verboten war. Meine sehr persönliche Verabschiedung von Mr. Kummer funktionierte perfekt. Natürlich auf Englisch! Wir wussten damals nicht, dass wir uns in einem knappen Jahr wiedersehen würden.

Nun, schlussendlich war es so weit. Meine letzte Cruise auf der MS Gripsholm (the ship for me!) endete in Fort Lauderdale. Einige kündigten so wie ich, andere gingen auf Urlaub. Mit einem schwedischen Kollegen flog ich von Miami nach London (mein zweiter Flug und das in einer Boeing 747), welch ein Abschluss! Von London nach Wien erfüllte mich Einsamkeit und Schwermut. Auf der Busfahrt vom Flughafen zum Franz Josefs Bahnhof übermannte mich schließlich die Müdigkeit und im Zug ergab ich mich ihr. Der Schaffner war so freundlich und weckte mich kurz vor Krems. Ja, und da stand ich schließlich. Am ersten Dezembertag 1974. Bitterkalt und Schneegestöber. Was für ein Gegensatz zur Karibik!  Übermüdet, in einem weißen Anzug, dunkelgrünes Hemd mit riesigen Aufschlägen, weiße Krawatte mit großem Knopf und schwarz roten Schuhen mit hohen Absätzen. Neben mir mein Stolz, zwei blaue Samsonite Koffer, ein eingerollter übergroßer Sombrero, eine handgeschnitzte Gesichtsmaske mit fast einem Meter Größe, ein ausgestopfter Alligator in zwei schwarzen dicken Plastikmüllsäcken von vorne und von hinten verpackt. Die Fußkrallen waren bereits durchs Plastik gedrungen. Artenschutzgesetz gab es anscheinend noch nicht. Eine große Machete hatte noch in einem der Koffer Platz.

 Dann fielen mein Vater und ich uns in die Arme ohne allzu viel zu sagen. Der letzte Abschnitt meiner Heimkehr begann. Mit dem Auto ging es zurück ins Waldviertel, wo alles begann.

„The Cruise is Over!“

© Erich Stöger 2023-07-30

Genres
Romane & Erzählungen, Reise
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Hoffnungsvoll, Informativ, Unbeschwert
Hashtags