Flo

Celine Alessia

von Celine Alessia

Story

Mein erster Impuls war es, hinterherzuspringen. War es eine Kurzschlussreaktion gewesen? Ja definitiv, aber innerlich wusste ich, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Andererseits war das Horn wahrscheinlich das Vermächtnis unserer Grosseltern an uns gewesen… Hilfe, meine Gedanken drehten sich und nichts schien zusammen zu passen. «Bist du von allen guten Geistern verlassen? Das war gerade das Letzte, was unsere Grosseltern uns hinterlassen haben, und du wirfst es einfach weg?» Stark packte Thilo mich am Arm und zog mich zum Ufer der Insel. Überrascht und überrumpelt liess ich mich von ihm in die Mangel nehmen. Seine Augen sprühten praktisch Funken und obwohl ich über die letzten Stunden das Gefühl bekommen hatte, ihn zu kennen, bewies er mir gerade, dass es nicht so war. Panisch strampelte ich umher, doch sein Griff blieb fest und liess mir keine Möglichkeit, mich zu befreien. «Thilo… Du machst mir weh, lass los!» Ich hielt nichts von betteln und schon gar nicht bei einem Typen, doch hatte ich eine andere Wahl? Der Boden begann gefährlich zu schwanken, was ihn anscheinend seinen Groll vergessen liess, denn auf einmal schien es kein Ding der Unmöglichkeit mehr zu sein, mich loszulassen. Schnell ging ich zwei Schritte zurück und scannte ernst das Wasser ab. Keine Ahnung, was jetzt kam, aber es befand sich definitiv unter uns. Ein Felsen erhob sich aus einer fernen, steinernen Wand im hinteren Teil des Gartens und gab einen hellblauen Kristall frei. Es schien so etwas wie die Energiequelle dieses Untergrunds zu sein. Hell und stark löste sich ein Lichtstrahl daraus und zeigte direkt in das nun unruhige Wasser. Eine Wasserfontäne schoss an der Stelle hinaus und bei genauem Hinsehen nahm ich die Gestalt eines Pferdes wahr. Das goldene Horn strahlte an dessen Stirn und wie hypnotisiert starrte ich das Wesen an. Es wäre ein Schimmel gewesen, wenn es kein Horn besessen hätte, und es richtete seinen Blick genau auf mich. Ehrfürchtig verbeugte ich mich vor dem Tier, weil mir auf die Schnelle schlichtweg keine andere Begrüssung einfallen wollte. Thilo dagegen schien, als wäre er in eine Art Starre verfallen. Mit einer unbeschreiblichen Leichtigkeit und Grazie kam das Einhorn über das Wasser gelaufen, was mein Herz bis in meine Hosen rutschen liess. Keinen Meter vor mir kam es zum Stehen, sodass ich nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um es zu berühren. Seine Augen schimmerten glasig, als sei es erschöpft und müde, doch ich konnte die Körperspannung greifbar nahe spüren. Erneut setzte ich zu einem Knicks an und meine Stimme zitterte unüberhörbar, als ich mich vorstellte: «Mein Name ist Florentine König! Ich bin… die Enkelin von Raphael Imhof, und ich will nur sagen, dass wir nicht aus Wut oder Rache hierhergekommen sind! Wir sind… Wir wollen doch nur noch nachhause, bitte.“ Ich war ehrlich, denn auch wenn das hier ein Traum war, wollte ich dem Wesen seinen Freiraum lassen. Das Einhorn liess mich nicht aus den Augen, was mich langsam aber sicher nervös machte. Was hatte es überhaupt da unten im Wasser gemacht? Schon, als ich dachte, es käme nichts mehr, begann das goldene Horn in dem magischen Blau zu leuchten und schien so etwas wie das Sprachrohr des Tieres zu sein. Ohne jegliche Bewegung seines Mauls hörte ich klar und deutlich eine Stimme. «So denn … Salimata ist mein Name – oder wie ihr mich vielleicht kennt: Monoceros!»

© Celine Alessia 2025-05-20

Genres
Science Fiction & Fantasy
Hashtags