Fluoxetin

Hector

von Hector

Story

Es gibt so viele Anfänge in meinem Leben. Eine endlose Liste an Dingen, die nie fertiggestellt wurden. 

Eine endlose Liste an ersten Malen. Das ist normal, glaube ich, wo soll man sonst anfangen als am Anfang. Meine erste Erinnerung, Tunesien, rote Blüten, Kuba, Krebswanderung auf einer Straße zwischen fremden Bäumen. Mein erstes Gedicht. Mein erstes Gedicht, das ich jemandem vorlas. Mein erster Joint, meine erste Nase Speed, mein erstes vergessenes Jahr, und das darauf, und das darauf. Mein erstes Psychopharmakon. Fluoxetin, 25 Milligramm, morgens. Meine erste richtige politische Auseinandersetzung mit meinem Vater. Meine erste richtige eigene Meinung. Angestoßene Ecken an Fotos von mir mit meiner ersten Kugel Eis. Mein erstes Mal auf einem Pferd. Mein erster Sturz; gleich wieder rauf. Mein erstes Widerwort in der Grundschule – man sagt Inuit und nicht Eskimo. 

Ob ich aufhören sollte, anzufangen, oder anfangen, aufzuhören – ich weiß es nicht. 

Ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr friere. Von Außen, meine ich. Mir ist immer warm in letzter Zeit. Und eng ist es; eng und eingeschlossen, weggesperrt; was, wenn wir den Tatsachen über ihre rosarote Brille, die sie so gerne trägt und damit eine verschlossene Tür als Schutz für mich, nicht vor mir, lobpreist; mal in die Augen sehen, auch ist. Ich schlage den Tatsachen die Brille von der Nase. Sauberer linker Haken. Glaube ich. Ich kann nicht boxen.  

Ich erinnere mich an ein Jungpferd, eines von denen, auf das ich mich mit dreizehn setzte, oder setzen ließ. Es war ein wunderschönes Tier, stand zum Verkauf, und die Käufer wollten wissen, wie es sich im Gelände verhält. Also ich rauf, austesten. Was hatte ich für eine Angst; auf diesem Pferd saß ich noch nie, weder war ich zuvor alleine im Wald unterwegs gewesen. 






© Hector 2023-07-23

Genres
Biografien
Stimmung
Dunkel, Emotional, Hoffnungsvoll, Angespannt