Sepp Forcher – Interview zu Optanten

Gerhard Maier

von Gerhard Maier

Story

Sepp Forcher empfängt mich heute in seinem Privathaus. Er steht zum vereinbarten Zeitpunkt im Garten und öffnet das Zufahrtstor. Er ist genau diese markante, aufrechte Erscheinung, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt. „Griaß di, kumm eina!“ In der Wohnstube nehme ich neben seiner Frau Helli Platz: „Griaß di!“

Erst gestern habe ich Sepp angerufen und ihn gefragt, ob ich ein Interview zum Thema >Optanten*< mit ihm machen dürfe. „Kumm glei morgen, da passts uns guat!“ Und jetzt sitz ich da.

Sepp Forcher hat immer seine Südtiroler Abstammung betont, er ist ein bekennender >Optant<. Er wurde 1930 in Rom geboren, ist in Sexten in den Dolomiten aufgewachsen. Als er 10 Jahre alt war, haben sich seine Eltern zum Verlassen der Südtiroler Heimat entschieden. In Salzburg eingeschult, konnte er nicht Kurrent und wurde mit jüngeren Schülern zusammengesteckt. Dann war er Hüttenwirt auf verschiedenen AV-Hütten, Gastwirt in Salzburg. Danach gab es Fernsehkarriere als Publikumsliebling bis 2019, wir haben mit ihm >ins Land einigschaut< und ein >Klingendes Österreich< erlebt.

Sepp meint, dass zum Thema >Optanten< schon alles geschrieben sei und warum ausgerechnet ich darüber einen Roman schreiben wolle. „Weil ich ein Kind von Optanten bin, starke Südtiroler Wurzeln und vor allem Geschichten dazu habe.“

Damit sind wir schon mitten in der Thematik. Sepp lauscht meinen Erzählungen und meint dann: „Bei der historischen Wahrheit musst aber schon bleiben!“ Die Abtrennung Südtirols von Österreich 1919, die Italienisierung unter den Faschisten Mussolinis. Dann kam das Abkommen zwischen Hitler und Mussolini, das den Tirolern die Auswanderung aus Italien ermöglichte. „Das Optantendekret gib ich dir mit, das musst lesen!“

Meine bisherigen Südtirol-Storys, die die historische Wahrheit literarisch umtänzeln, trage ich auszugsweise vor, die Forchers schmunzeln. Meine >Ladinische Urgroßmutter< gefällt ihnen. Sepp bestätigt, dass auch sein – jetzt ehemaliger – Specklieferant holländische Schweine als echten Südtiroler Speck verkauft.

Sepp Forcher ist ein wandelndes Buch, Geschichte und Kunstgeschichte strömt auf Abruf aus seinem Mund. Er gibt mir 7 Fachbücher mit: „Kannst behalten. Wennst Fragen hast, kommst wieder!“

Sepp Forcher hatte mir 2008 für ein Buch für Pater Hans einen handgeschriebenen Hommage geschrieben. Die beiden hatten zuvor mit einer Freundesgruppe die >Drei Zinnen< wandernd umrundet. Da findet sich mein Text, zu dem Sepp Forcher heute wieder schmunzeln muss: > Sepp hatte beim Despar den Weinproviant ausgesucht. Pater Hans, als fast abstinent zu bezeichnen, hatte zu viel Platz in seinem Rucksack, ihm wurde der Wein hineingepackt. So wurde der Seelsorger unfreiwillig zum Drogenkurier, denn er hatte die Kraft und das Werkzeug dazu.<

*Optanten werden diese Südtiroler genannt, die sich im Zuge eines Abkommens zwischen Hitler und Mussolini für die Auswanderung aus Italien entschieden (optiert) haben.

© Gerhard Maier 2020-06-09