Forstgartenhelfer verzweifelt gesucht – Sommer

Christine Amon

von Christine Amon

Story

„Was? Du bekommst auch noch dafür bezahlt, dass du mit den Händen in der Erde buddelst?“ So kommentierte eine Freundin von Flora deren Tätigkeit bei uns. Die Freundin ist Ärztin.

Ich schüttle bedächtig mein bald mehr weißes als weises Haupt. Mag sein, dass der Umgang mit schwierigen Patienten nicht angenehm ist – von Gartentherapie kann bei uns auch nicht gerade die Rede sein. Das Wetter ist nicht immer günstig – mal ist es kalt, dann windig, ein anderes Mal brennt uns die Sonne auf den Rücken. Das Unkraut wächst trotzdem, wir können nicht nur bei optimalem Wetter jäten, sonst werden wir nicht fertig.

Mein Mann und ich betreiben einen Forstgarten im niederösterreichischen Mostviertel. Wir züchten Bäume vom Samen an, stratifizieren manche Arten im Sandkeller, säen die Gehölze am Acker aus, verschulen sie und verkaufen sie letztendlich an Landwirte.

Die Pflege der Gehölze ist arbeitsaufwändig. Nicht alles können wir alleine bewerkstelligen. So beschäftigen wir auf Basis geringfügiger Beschäftigung ein paar fleißige Mitarbeiter. Allerdings fallen immer wieder welche aus, suchen sich eine regelmäßigere Arbeit oder fühlen sich nicht mehr fit genug für die Mühen des Ackers.

Körperliche Arbeit hat gesellschaftlich keinen hohen Stellenwert. Doch wenn man hinter sich schaut und die Bäumchen regelrecht aufatmen hört, weil sie vom Unkraut befreit sind, ist das ein gutes Gefühl. Am Ende des Tages ist man angenehm müde und freut sich über das, was man geschafft hat. Und wir haben auch viel Spaß bei der Arbeit.

Manchmal ist es auch nicht ganz einfach, die ganz kleinen Bäumchen vom Unkraut zu unterscheiden. Ich empfehle in diesem Fall zu fühlen, ob sich der „Stängel” holzig anfühlt. Dann ist es ein Baum oder ein Strauch. Aber an falschem Ort dürfen auch die nicht stehen bleiben: Eine Wildrose oder Weide auf dem Tannenbeet darf nicht stehen bleiben, denn sie wächst ja viel schneller als die kleinen Nadelbäume und würde diese verdrängen. Ebenso verhält es sich mit den Birken, die überall dort wachsen, wo man sie nicht angebaut hat.

„Da sind so viele Himbeeren! Müssen wir die alle ausreißen?” Nein, die dürfen bleiben, dieses Mal haben sie dort ihr Wohnrecht. Wir haben sie extra angebaut aus heimischen Himbeersamen für die Regionale Gehölzvermehrung.

„Erdbeeren! Wo kommen denn diese viele Erdbeeren her?“ Hui! Erdbeeren verkaufen wir nicht, es sind Walderdbeeren, keine Ahnung, wo die hergekommen sind. So viele! Was machen wir mit denen? Elisabeth schlägt vor, die Erdbeeren stehenzulassen und hier zu ernten. Aber das kann ich nicht dulden. Ich weiß aus Erfahrung, dass die Schnecken schneller sind. Wir beschließen, die Erdbeeren auszureißen, es geht diesmal ausgesprochen gut. Jede von uns nimmt sich eine Handvoll Erdbeerpflanzen mit heim und setzt sie zu Hause im Garten. Und unter den Erdbeeren kommen noch erstaunlich viele Pfaffenhütchen zum Vorschein.

© Christine Amon 2021-06-06

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