von Gudrun Salzer
Kom¬pli¬ment, das
Kom|pli|ment
Bedeutungen (2):
1) lobende, schmeichelhafte Äußerung, die jemand an eine Person richtet, um ihr etwas Angenehmes, Erfreuliches zu sagen [und ihr zu gefallen]
2) Gruß, Gebrauch veraltet. Beispiel: richten Sie bitte meine Komplimente aus!
So stehts im Duden. Das Kompliment. Ein Wort mit schalem Beigeschmack. Zumindest für mich. Also, wenn ich mich auf die erste Form der Deutung beziehe. Ob in der Rolle der Absendenden. Und noch viel schlimmer als Empfangende.
Ich freue mich über ein ehrliches Lob. Eine angenehme Mitteilung und etwas Erfreuliches ist mir herzlich willkommen. Doch wenn sich mir Schmeicheleien nähern, werden meine schlafende Hunde geweckt. Diese bellen spätestens mit der inneren Haltung, mir gefallen zu wollen, eine Großstadt aus dem Tiefschlaf.
„Ich wollte dir nur mal eben sagen…Dass du das Größte für mich bist…Und sichergehen, ob du denn dasselbe für mich fühlst…Für mich fühlst“ so besingen die Sportfreunde Stiller „Ein Kompliment“.
Ist ein Kompliment eine Absicherung? Eine Absichtserklärung mit wechselseitigem Mehrwert?
Ein zehn Monate altes Kind, krabbelt voller Abenteuerlust durch das Wohnzimmer. Der Blumentopf, der in einer Ecke steht, lädt zum Garteln ein. Das bodennahe Bücherregal ist der ideale Selbstbedienungsladen. Immer dann, wenn es beginnt spannend zu werden, nähert sich ein Erwachsener und unterbricht die so verlockenden Handgriffe. Es zieht sich am Couchtisch hoch, in der Hoffnung, dass jemand vergessen hat, die Fernbedienung außerhalb seiner Reichweite zu positionieren. Fehlanzeige.
Nachdenklich pflanzt es seinen Windelpopo am Parkett. Es blickt suchend im Raum umher. Nichts, was seine Aufmerksamkeit erregt. Halt. Doch. Da ist etwas. Nicht im Außen. Sondern innen drinnen. Behutsam stellt es seine kleinen Füße nacheinander auf den Boden. Die Knie sind angewinkelt, der Kopf nach unten geneigt. Die Hände liegen leicht am Parkett auf. Zaghaft hebt es die linke Hand nach oben. Die Beine beginnen sich durchzustrecken. Auf dem Gesicht liegt ein angespannter Gesichtsausdruck. Der Kopf zieht den restlichen kleinen Körper und die rechte Hand mit nach oben.
Ich halte die Luft an. Meine Augen weiten sich. Ich hebe meine Hand vor meinen Mund, um den Augenblick höchster Konzentration nicht zu stören.
Der kleine Windelmatz steht erstmals breitbeinig im Leben. Die kleinen Beine tragen schwankend das Gewicht. Der angespannte Gesichtsausdruck wird weicher und verwandelt sich in ein Lächeln. Ich nehme meine Hand vom Mund und spiegle seinen Gesichtsausdruck.
Plumps. Nun haben sie doch nachgegeben. Die kleinen Beine. Auf dem Boden der Tatsachen treffen sich sein und mein Blick. Vier leuchtende Augen. Ein kehliges und ein herzliches Lachen.
Was für ein Kompliment!!!
© Gudrun Salzer 2020-05-19