Voller Begeisterung rufe ich Frau Müller an. Sie hebt ab und erklärt sofort, dass sie sehr beschäftigt sei. Heute sei ihr Waschtag und ich solle mich deswegen kurz fassen:
„Frau MĂĽller, gestern hat Beate-Luise gefragt, ob ich meine letzte Geschichte ihren SchĂĽlern vorlesen wĂĽrde. Meinen Sie, wir könnten das eventuell gemeinsam machen ? Das wäre super. Beate-Luise wĂĽrde sich sicher sehr freuen.“
Stille
„Hallo, Frau MĂĽller, sind Sie noch dran?“
„Sakra, was plärrn’S denn so narrisch, da kriagt ma ja an Ohrnkaschperl!
Is ja schee, dass sich die Beate- Luise a amal wieder meld. I hab die scho lang nimmer gsehn.“
„Frau MĂĽller, wir kennen Beate-Luise nur durch ihre Geschichten auf story.one“, sage ich vorsichtig. „Wir haben sie noch nie gesehen!“
„I scho!“
„Aha, wo denn?“
„Woass i nimmer genau. Aber was soll i denn fĂĽr sie machn? „
“ Lesen“
„Naa, des geht heit ned, weil i hab an Waschtag. Aber erklärn’S ihr des bittschee so, dass die ned moant, i will mi drĂĽckn, weil i a Anal-fabeet bin.
“ AN -ALPHABET“, betone ich lachend.
„Frau Grosch, da brauchn’S gar ned so bleed zu lachn. San’S froh, dass Sie koaner san. „
„Da haben Sie recht, Frau MĂĽller“, gluckse ich und bin froh, dass sie mich nicht sehen kann.
„Aber könnten Sie sich eventuell vorstellen, mit mir gemeinsam die Geschichte zu lesen?“
Sie lacht.
„Des tat Eahna passn! Und dann? Dann geht’s ma wia dem Scho.“
„Wem ?“
„Mei, jetz stelln’S Eahna wieder echt bleed. Dem Scho halt. Dem hams dann immer die ganze Bude gstĂĽrmt. „
“ Frau MĂĽller, ich weiss leider nicht, von wem Sie sprechen.“
„Oh mei! Manchmal denk i, Sie san vom andern Stern!“, keift sie. „Wissn’S ned, dass der a ganz a berĂĽhmter Mensch is?“
„Nein“
“ Den Scho kennt echt jeder. Fragn’s glei amal die Beate- Luise, die kennt den, des woass i!
Wissn’S, wenn der immer so schee sagt: „Mei neim is Bond, Tscheims Bond“, dann bin i ganz seelig.“
„Ach, Sie meinen den Sean Connery“ gluckse ich.
„Ja Himml, die ganze Zeit red i von dem! Sitzn Sie auf Eahna Ohrwatschl? Mei, der is jetz ja a scho neinzich der Scho. Aber der bleibt ewig jung! I versteh des ned. Wenn i an Film mit dem seh, schaut der immer guat aus. Verstehn Sie des?“
„Frau MĂĽller, könnten wir jetzt bitte nochmal ĂĽber das gemeinsame Lesen sprechen?“
„Was soll i denn lesn?“
„Die Frau MĂĽller!“
„I?“
„Klar „
„Naa, des geht ned, weil dann wird ma ja die Bude gstĂĽrmt.“
„Aber warum denn?“
„Ha, i bin doch ned bleed. I schau ja gnuag fern und da seh i immer, wia narrisch die Fääns san. Naa, da muass i mi ja total verbarrikadiern, weil die wolln oan ofassn und mit oam kuschln und Bussi Bussi. Naa, des pack i ned. „
„Schade. So könnten wir nämlich auch zeigen, dass es Sie wirklich gibt.“
„Ja was ham denn Sie fĂĽr a narrische Idee. Wieso sollt’s mi denn ned gebn?“
„Ich mein ja nur, dass ..“
„Naa! I bin ned gschamig und nix, aber i hab heit fui zu machn und redn kann i heit gar ned. „
„Ach so? Schade, dann muss ich die Geschichte halt alleine lesen.“
„Ja, machn’S des … und sagn’S der Beate-Luise an scheena GruaĂź von der Frau MĂĽller … und mehr sag i heit ned. „
© Elisabeth Grosch-Waclowsky 2020-09-17