von Lisa Fröch
Frei sein, reisen, das zu machen, was man will. Im Moment leben. Im hier und Jetzt. Wäre das nicht wunderschön?
Als Kind sah ich zu den Vögeln auf. Fliegen zu können. Schweben. Alles von oben zu sehen und die Welt zu erkunden – nichts anderes wünschte ich mir! Nur zu fliegen und zu erleben. Auf einer Reise zu sein. Meine Flügel ausbreiten zu können. Ohne Enge. Ohne Grenze. Denn im Himmel gibt es keine.
Ich wurde älter. Der Wunsch rückte nach hinten. Zuerst die Karriere. Zuerst die Liebe. Zuerst das Geplante. Denn ohne Plan auch kein Weg? Oder nicht? Also ging ich studieren. Liebte es. Hasste es. Erlebte ein Hoch nach jedem bestandenen Semester. Ein Tief nach jedem Start in das neue Studienjahr. Reiste. Liebte. Wohnte. Arbeitete. Erlebte. Liebte es. Und hasste es. Ging fort. War auf Konzerten. Auf Partys, wo ich keinen kannte. Lag mit Herzschmerz im Bett. Stand wieder auf. Fühlte Frühlingsgefühle im Winter. Tanzte nächtelang durch. Das Studiensemester begann von vorne. Und ich liebte es. Und ich hasste es. Der Hass blieb, die Liebe ging. Zweifel kamen und ein Schatten legte sich über mich. War das mein Leben? War das mein Sinn? War das mein Weg? War das mein Freisein?
Karriere. Liebe. Hochzeit. Kinder? Das Geplante? Das Sichere? Der Weg, den ein jeder ging? War das ich? War das mein Freisein? Frei wie ein Vogel. Ohne Enge. Ohne Grenzen.
War das mein Traum?
Jahre vergingen. Auf. Ab. Auf. Ab. Ich kämpfte mit mir selbst. Ich wollte frei sein. Wie ein Vogel. Ich wollte einen Plan haben. Einen eigenen Weg. Karriere, Liebe, Hochzeit, Kinder. All das, was ein perfektes Leben eben ist. Das wollte ich. Und frei sein. Wie ein Vogel.
Es folgte. Studium: beendet. Beziehungsstatus: vergeben. Wohnung: mit ihm. Job: check. Hochzeit: irgendwann bestimmt. Kinder: weit entfernt und doch geplant. Mein Weg? Mein Plan? Mein Leben? Vermutlich perfekt.
“Und was ist mit mir?” Sagte verzweifelt mein wildes und freies Herz. Eingesperrt. Unterdrückt. Ignoriert. Völlig alleine gelassen. Unbeachtet. Traurig. Verletzt. Müde. Freudlos. Gebrochen.
Bis… Zu einem Tag in Portugal. Zu einer Stunde im Yoga-Zelt. Zu einem Moment der Stille. Zu einer Frage an mich selbst. Zu einer inneren Diskussion. Zu einer Überlegung. Zu einem Gefühl. Zu einer Erkenntnis. Zu einer Entscheidung. Zu mir selbst.
Jetzt? Studium: beendet. Beziehungsstatus: Single. Wohnung: überall und nirgendwo. Job: Mal da, mal dort. Hochzeit: wenn, dann am Strand. Kinder: drei, irgendwann.
Glücklich? Ja!
Frei? Ja!
Mein Weg? Ja!
© Lisa Fröch 2022-05-02