von Marcela
Mein Freund Alex und ich sind seit zwei Jahren in einer sehr erfĂĽllten Beziehung. Er ist die Liebe meines Lebens. Wir wohnen zwar in Wien gemeinsam in einer Wohnung, verbringen aber so gut wie jedes Wochenende in unserer Heimat im Waldviertel, wo wir bei unseren Eltern leben. Einmal an einem Samstagabend hatten wir einige Freunde zu einem gemĂĽtlichen Zusammensitzen bei Alex zuhause eingeladen.
Wir tratschten gerade ĂĽber Gott und die Welt, als Alex eine Geschichte einfiel, die sich am Freitag Nachmittag bei seiner Heimfahrt ereignete. Er wandte sich mir zu und begann, sie zu erzählen, wurde aber recht bald von Markus unterbrochen: „Wieso musst du ihr das denn jetzt nochmal erzählen? Sie war doch eh dabei!“
Verwirrt schauten wir beide ihn an. Wegen eines Arzttermines war ich nämlich schon am Donnerstag ins Waldviertel zurückgefahren und hatte ihn seither nicht mehr gesehen. Die Geschichte war für mich also vollkommen neu.
Als wir ihm das erklärt hatten, schaute er uns nur mit groĂźen Augen an. „Soll das etwa heiĂźen, ihr habt euch schon seit Donnerstag Abend nicht mehr gesehen?“ Mittlerweile waren alle anderen Gespräche im Raum unterbrochen worden und alle hörten uns gespannt zu. Alex und ich schauten uns verwirrt an. Ja, wir hatten uns seit Donnerstag nicht mehr gesehen, wo war denn da bitte das Problem?
„Das heiĂźt, ihr seht euch nicht immer jeden Tag?“ Wir schĂĽttelten den Kopf. Da wir zusammenwohnten, sahen wir uns natĂĽrlich die meisten Tage, aber definitiv nicht jeden einzelnen Tag im Jahr. „Aber ihr seid schon sicher, dass ihr noch zusammen seid, oder?“, bohrte er sarkastisch weiter. Wir waren sprachlos.
Dieses Ereignis war kein Einzelfall. Es kam zwar nicht oft vor, aber wir wurden doch schon einige male angefeindet, weil wir nicht 24 Stunden eines jeden Tages zusammenklebten.
So auch die Schwester meiner besten Freundin, mit der ich einmal über dieses Thema redete, da auch sie seit anderthalb Jahren einen Freund hatte. Nachdem ich ihr unsere Einstellung zum Thema Freiheit trotz Beziehung erklärt hatte, begann sie ausschweifend zu erklären, dass damit natürlich ihre Beziehung viel besser sei und unsere Beziehung niemals an ihre herankomme, denn sie habe seit anderthalb Jahren nicht mehr ohne ihren Freund geschlafen.
Dabei macht genau die Tatsache, dass wir jeder ein eigenes Leben haben, unsere Beziehung so erfüllt. Wir sind beide Menschen, die ab und zu ein wenig Freiraum brauchen. Manchmal möchte ich einen ganzen Tag niemanden sehen und einfach alleine entspannen. Mein Freund ist so wundervoll, dass er das ohne Klagen vollkommen akzeptiert. Und wenn wir uns das nächste mal sehen, haben wir uns immer einiges zu erzählen! Unsere Beziehung funktioniert so. Wir sind sehr glücklich.
© Marcela 2020-02-17