Freundinnen fürs Leben? Gibt es sie überhaupt? Glück, Zufall, Trennung, sich wiederfinden – Schicksal, entscheidest du?
Der 10. Todestag meiner ältesten Freundin – nie verloren wir uns aus den Augen. Einige Monate nichts von ihr gehört? Jetzt muss ich anrufen – ein Gedanke – das Telefon läutet. Telepathie? Meine Freundin: „Wie geht es dir?”
Doch ein Rückblick: Wie kann es zu so einer langen Freundschaft kommen? Gymnasium, wir beide, 10 Jahre alt, sitzen plötzlich in einer Bank. Mädchen unter sich, wir sind in einer Bubenklasse. Einige andere Mädchen blicken erschrocken, wir zwei nicht. Eine der ältesten Erinnerungen, meine Freundin rauft mit einem Buben, Triumph – ein Büschel Haare in ihren Händen.
Doch wir wurden älter, unsere Interessen: lange Gespräche, Tanzstunde, meine Freundin, bildhübsch, von den älteren Semestern unserer Schule umschwärmt, ihr hilfloser Blick – Mathe, eine Katastrophe, die Lehrer, wir hatten nur Männer, außer in Turnen, schmolzen dahin.
Das Problem Mathematik lösten wir auf unsere Weise. Ich schrieb ihre Arbeit – Zettel unter der Bank weiter gereicht – auf genügend, meine auf sehr gut. Die Folge – die Matura wurde eine einzige Katastrophe – sie gab leere Zettel ab, doch im Herbst: Bestanden!
Sie ging für ein Jahr nach Amerika, ich auf die Uni nach Wien. Die Kontakte wurden seltener, sie arbeitete als Heilgymnastin, doch in Notfällen waren wir füreinander da. Ich verlor einmal mein Zimmer, schuldlos, 14 Tage am Ende des 8. Semesters, (warum, das würde zu weit führen), ein Anruf: „Selbstverständlich, du wohnst bei mir.”
Wir heirateten, beide einen Arzt, bekamen Kinder, besuchten uns gegenseitig. Ich saß einmal im Strandbad, da, ein Anruf. „Kann ich kommen? Mein Mann betrügt mich.“ Sie ließ sich nicht scheiden. Unsere Kinder wurden groß, zwei unserer Söhne fuhren gemeinsam noch England. Kontakte – sie rissen nie ab, Geburtstagsfeiern, Silvester….
Dann wieder ein überraschender Anruf: „Ich bin im Spital, habe Brustkrebs, Besuch unerwünscht.“ Ich fuhr trotzdem, sie war böse und schimpfte mit mir. Alles ging gut, weitere gesunde Jahre, wir wurden Großmütter, trafen uns immer wieder, manchmal erst nach längeren Zeitabschnitten. Doch unsere Freundschaft, unser Uns-Nahestehen hörte nicht auf.
Ein Anruf: „Der Krebs ist wieder da. Ich bin beim Notar, regle alles, gehe dann ins Spital. Besuch unerwünscht!“ Ich besuchte sie trotzdem, sie schimpfte mit mir, es war unser letztes Treffen.
Letzter Anruf: „Ich war so schlecht in der Schule, viel zu faul.“ Ich versuchte zu trösten, deine Kinder, deine Enkel haben sich gut entwickelt. Über ihre Ehe sprachen wir nicht.
Einige Tage später: „Mama ist gestorben!“ Ihre Tochter, „das Begräbnis findet……..” Viele Menschen begleiteten sie. Abschied fällt schwer, danke für deine lange und unvergessliche Freundschaft.
Sie ist immer bei mir.
© Christa Mittermayer 2023-04-24