von Solandra
ist eine Zauberformel, die ich selbst entwickelt habe, um mit gewissen Situationen bestmöglich umzugehen.
Aber beginnen wir am Anfang. Zuerst stand die eingehende Recherche, was wirklich wichtig ist und was nicht. Und zwar unabhängig davon, was andere tun oder sagen. Eine der Gretchenfragen ist: Was und wem schenken wir unsere Aufmerksamkeit und warum?
Wiederkehrende Alltagssituationen bilden vor diesem Hintergrund ein perfektes Trainingscamp. Gemeint sind Begebenheiten, in die wir uns bisher, sei es aus Neugierde oder Langeweile, haben hineinziehen lassen. Was macht der Nachbar, was sagt Kollegin A über Kollegin B, was ist der aktuelle Aufreger in der Firma? Alles Dinge, deren Halbwertzeit selten mehr als einige Tage beträgt. Oder aber wir lassen uns zu emotionalen Reaktionen hinreißen, die stets einem ähnlichen Muster folgen. Bis wir erkennen: Hier läuft etwas falsch. Es ist an der Zeit für innere Einkehr und kritische Selbstbetrachtung. Wie kann ich mein Verhalten bestmöglich verändern?
Heute im Charity-Shop an der Kasse. Eine Kundin will bezahlen. Sie ist uns wohl vertraut als begnadete Märchenerzählerin. Entfernt Preisetiketten und behauptet, die ausgewählten Markenblusen seien vom € 1 Ständer. Oder bietet uns Sachen zum Umtausch an, die nicht von uns stammen. Was sie aber unter gespielter Empörung steif und fest behauptet. Aber sie hat noch mehr im Petto. Einmal griff sie mir einfach so in den Ausschnitt meines Sommerkleides, weil ihr der glitzernde Einsatz gefiel. Heute fand sie Gefallen an meinem Brillenseil, das ich aus einer Halskette gefertigt hatte. Sie beugte sich über die Theke und greift ohne Vorwarnung mit ihrer Hand Richtung Halskette samt Brille. Wortlos schiebe ich ihre Hand zurück. ohne sie anzuschauen. Als sie es ein zweites Mal versucht, schiebe ich ihre Hand erneut zurück, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Kommunikation ohne Worte.
Ich erinnere mich an eine Familie im Haus gegenüber. Die Frau war für ihre krankhafte Neugierde bekannt und beschwerte sich bei Hinz und Kunz, wenn Dinge nicht so liefen wie von ihr gewünscht. Ich war damals im Teenageralter und habe die gute Frau einfach ignoriert, als sei sie eine absolut Fremde. Ohne negativen Gedanken, ohne bösen Blick, nada, niente. Die Geburtsstunde der für mich entwickelten “freundlichen Ignoranz”. Ihr Geheimnis: Sie kommt von Herzen 😉
Seither arbeite ich daran, Dinge, die mich nichts angehen, bewusst zu ignorieren, am besten erst gar nicht hinzuschauen. Es handelt sich im Grunde um echtes Desinteresse. Auch wenn ich direkt betroffen bin, weil mich z. B. jemand dumm anredet, versuche ich sachlich zu bleiben. No hard feelings. Stattdessen ab in den Ordner: Gelacht, gelocht, geheftet.
Seitdem ich diese Vorgehensweise regelmäßig einübe, geht es mir besser. Das Verhalten anderer Menschen verliert seine Macht. Denn mir ist bewusst geworden: Ich bestimme die Spielregeln weitestgehend selbst. Und: dieses Spiel gefällt mir 😉
© Solandra 2022-10-29