Freundschaften mit Hindernissen

Ulrike Puckmayr-Pfeifer

von Ulrike Puckmayr-Pfeifer

Story

Meine Mutter war mit mir symbiotisch verbunden. Von ihrem Ehemann enttäuscht, klammerte sie sich an mich. Sie betrachtete mich als einen Teil von sich selbst, und ich fühlte mich von ihrer besitzergreifenden Liebe erdrückt. Sie sah es nicht gerne, wenn ich Freunde und Freundinnen hatte, und redete sie schlecht.

Mein erster Spielgefährte war ein jüngerer Bub aus der Nachbarschaft. Wir spielten Mutter-Kind. Er musste auf Knien gehen, um noch kleiner zu sein. Ich war die Mutter, die ihm auftrug, Milch zu holen. Die Erwachsenen interpretierten da gleich mein angebliches Dominanzverhalten und meine Herrschsucht hinein. Dabei spielten wir ganz harmonisch in kindlicher Unschuld. Als wir älter wurden, wurde diese schöne Kinderfreundschaft von seiner und meiner Mutter unterbunden. Es gehöre sich nicht, dass ein Bub und ein Mädchen miteinander spielen, war ihre Begründung für diesen Handlungsschritt. Wir spielten nie wieder zusammen. Er war auch ein Einzelkind und sicher auch sehr einsam. Wir sahen uns zwar manchmal noch, sprachen aber nie wieder ein Wort miteinander. Später ist er zu Scientology gegangen.

Meine zweite Freundin war ein Mädchen aus der Nachbarschaft. Diese Freundschaft gefiel meiner Mutter auch nicht. Lisi war die Tochter einer nicht sehr angesehenen Familie im Dorf. Aber wir haben uns gut verstanden. Ich war gerne bei ihr zu Gast, habe mich dort sehr wohlgefühlt. Ihre Mutter hatte multiple Sklerose und verrichtete nur mühsam den Haushalt. Es gab auch eine ältere Schwester und einen Bruder, der behindert war. Das Ausgegrenztsein war spürbar und lag in der Luft. Und meine Mutter meinte, das wäre kein standesgemäßer Umgang für mich und arbeitete sogar mithilfe einer Lehrerin daran, diese Freundschaft zu zerstören.

Dass ich unter Kinder gehöre, hatte unser Hausarzt gesagt, als ich besorgniserregende Anzeichen von Depressionen zeigte. Es wurden Lehrerstöchter eingeladen, mit denen ich spielen sollte. Es funktionierte nicht. Wir verstanden uns nicht. Es blieb ein einmaliger Spielversuch. So war ich ein einsames Kind, das sich mehr und mehr zurückzog und sich mit Büchern mehr beschäftigte als mit Menschen.

Später hatte ich wieder eine Freundin. Auch ein Einzelkind. In den Ferien durfte sie eine Woche bei mir wohnen. Meine Mutter, die mit mir in einem Zimmer schlief, zog aus und überließ ihr Bett meiner Freundin. Es war eine schöne Woche für mich. Danach wollte ich auch eine Woche bei meiner Freundin in Breitenbrunn verbringen. In unserer kindlichen Naivität beteten wir zu Gott, es möge ein Wunder geschehen und meine Mutter möge es erlauben. Es kam der Tag des Abschieds. Meine Mutter fuhr mit uns beiden nach Breitenbrunn. Wir wurden von den Eltern meiner Freundin herzlich aufgenommen. Jetzt sollte ich dort für eine Woche wohnen.

Meine Mutter zeigte eine unerbittliche Härte. Ungerührt von meinem nicht versiegen wollenden Tränenstrom nahm sie mich mit nach Hause in meine unerträgliche Einsamkeit.

© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2020-09-26

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