Friedhof Père Lachaise

Story

Eine Kollegin hat mich grad inspiriert. Auch ich besuche gerne Friedhöfe. Von Ma-ssailand, wo es sowas gar nicht gibt, bis Mo-skau.

Über Moskaus Nowodjewitschi hab ich geschrieben. Dann googelte ich die New Yorker “Kollegen”. Hatte keine persönliche Erfahrungen. Auf die Idee, in NY auf einen Friedhof zu gehen, kam ich nicht. Andere Prioritäten. Trotzdem hab ich eine interessante Geschichte zusammen gegoogelt. Und mit persönlichem Senf gewürzt.

Ăśber Venedigs Begräbnisinsel gibt’s auch eine Geschichte. Performance des weltberĂĽhmten russischen Tänzers Mikhail Baryshnikow im La Fenice. Er las und tanzte Texte seines in San Michele begrabenen Freundes, Literaturnobelpreisträger Joseph Brodsky. Beide sind unter abenteuerlichen Umständen in den Westen emigriert. Im Falle Brodskys: emigriert worden! Die Story heiĂźt “Mein Misha – seufz!” Man möge mir die dezente Eigenwerbung verzeihen. Die Geschichte ist wirklich ein bisschen unglaublich, aber wahr.

Am Lachaise war ich Anfang der 80er Jahre und war beeindruckt von der dunklen Vornehmheit. Sehr ehrwĂĽrdig. Nichts Lautes, Buntes. Krasser Gegensatz zu sĂĽdlicheren und östlicheren Ländern Europas, wo die Plastikblume regiert. Ich irrte herum. Ich weiĂź nicht mehr, ob ich einen Friedhofs“FĂĽhrer“ hatte. Ich hab’s nicht so mit FĂĽhrern. Ich erinnere mich nur an 3 Grabstätten, aber nicht, ob ich sie gesucht oder nur gefunden hatte.

Baudelaire*. Viele Metro-Tickets mit, mir kam vor vorwiegend japanischen, Kritzeleien. Von Menschen, die kein Papier dabei hatten. So wie ich bei Brodsky was auf Russisch auf ein Futzerl Papier schrieb und mit einem Steinchen beschwerte. An Den TĂĽren von Jim Morrison (Wortspiel) ging ich vorbei. Von ihm wusste ich nicht viel, hab dann alles nachgeholt im Netz. DafĂĽr liebe ich es.

Und dann stand ich direkt verstört vor Sean Seberg. Sowas von einem vernachlässigtem Grab! Auch von ihr wusste ich nicht allzu viel. Aber dass sie DAS nicht verdient hat, das Gefühl hatte ich ganz stark, als ich da so stand.

Unglaublich, welche Menschen da versammelt liegen. Trujillo, Diktator der Dominikanischen Republik, unweit von einem Friedensnobelpreisträger. Isadora Duncan, die amerikanische Tänzerin, die sich auf einer Fahrt im Cabrio mit ihrem Schal erdrosselt hat. Marie Trintignant, ja, die Tochter von Jean-Luis, die von ihrem Geliebten im Eifersuchtsdrogenrausch erschossen wurde. Ein gewisser Monsieur Guillotine, Arzt und Politiker. Und Erfinder der G.? Haussmann, der Paris niedergerissen und neu aufgebaut hat. Peugeot. “Unternehmer” steht da. Hammud, ein sansibarischer Sultan und Hahnemann, der Begründer der Homöopathie.

Auch Mac Donald ist vertreten. Nein, nicht der Erfinder von Junk Food, sondern Herzog von Tarent. Gosposhá Stroganova. Ja, Gattin des Erfinders des gleichnamigen Boeuf.

Und kann es sein, dass entlang der Mauern von Père Lachaise ein Flohmarkt war? Oder hab ich das geträumt?

*Baudelaire traf ich in Montparnasse. Sorry.

© 2022-08-21

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