Frische klare Nachtluft

Schreibgestöber

von Schreibgestöber

Story

Laura stand jetzt schon seit mehreren Minuten regungslos in dem menschenüberfüllten Raum. Sie fragte sich zum hundertsten, nein tausendsten Mal, warum sie überhaupt hier war, obwohl sie die Antwort darauf selbst kannte: Ihre Freundinnen hatten sie überredet. Sie fühlte sie unwohl in der lauten Diskothek, umgeben von Fremden. Eigentlich mochte sie es, mit ihren Freundinnen Musik zu hören und zu tanzen. Bei sich zu Hause, im Garten, bei Anja, die gerade weit weg von ihr stand.

Laura war ein wenig flau im Magen von der Alkoholfahne, die durch den viel zu heißen Raum wehte. Die Lichter drehten sie in eine Spirale des Schwindels, die Musik hämmerte auf ihrem Kopf, als würde der Drummer ihn als Schlagzeug nutzen. Diese Kopfschmerzen waren anders als die, die sie vom krank sein kannte. Ihr Kopf fühlte sich an, als wäre er einem enormen Druck ausgesetzt. Von innen drückte es, von außen auch. Es war äußerst unangenehm.

Laura stand wie angewurzelt, sie wollte nicht von den tanzenden Fremden berührt werden, ging vorsichtshalber einen Schritt zurück, näher an die Wand. Ihre Freundinnen amüsierten sich indes prächtig, sie tanzten mit ein paar Männern durch die Rauchschwaden. Seit die auf den Plan getreten waren, war Laura nur noch Luft, wie verschwunden im Nebel, verblendet von den bunten Scheinwerfern.

Sie überlegte, wie sie sich aus der Situation retten konnte. Eigentlich wollte sie ihre Freundinnen nicht im Stich lassen. Aber die hatten sie bereits im Stich gelassen. Wäre es wirklich schlecht oder gar egoistisch von ihr zu gehen? Wie sollten sie sicher nach Hause finden ohne Laura? Laura hatte sie eigentlich gebeten nicht so viel zu trinken, sie nicht allein zu lassen. Aber dieses Versprechen war gebrochen. Ihre Freundinnen traten sich unbeholfen auf die Füße und stolperten dabei fast über ihre linealhohen Absätze. Die Männer bei ihnen begannen zu grölen, schmissen sich fast selbst hin und schoben ihre Freundinnen an den Händen über den Boden. Laura zögerte trotzdem.

„Entschuldigung,“, sprach eine Stimme vor ihr, „du siehst aus als würdest du dich nicht sonderlich wohlfühlen. Möchtest du vielleicht einen Moment raus gehen?“ Laura ergriff die kühle Hand vor sich und folgte ihr in die frische klare Nachtluft.

Photo by Dustin Tramel on Unsplash

© Schreibgestöber 2022-07-13

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