From Whole Foods with Love

Rebekka Görtler

von Rebekka Görtler

Story

Ja, ich hätte mir einen Wagen nehmen sollen oder zumindest einen Korb, aber wie immer dachte ich »Ach, ich will bloß mal gucken« und ende letztlich doch erschöpft mit einem Haufen Kram an der Kasse. ‘Nur mal gucken‘ geht einfach nicht.

Kaum öffne ich die Tür, stehe ich schon in der buntesten Fruits- and Veggieabteilung der Welt. Enoki, Yams und Jackfruit, hast du davon mal gehört? Wenn ich links abbiege und eine Holzstiege hochgehe, lande ich prompt bei der Frischetheke, bei der sich selbst der disziplinierteste Magen nicht mehr halten kann. Für Gesundheitsfanatiker hätten wir hier Salate, Blattsalat, Kraut, mit Nudeln oder Fisch, doch wem der Sinn nach Leckerem steht, sollte sich lieber an der Pizza-Pasta-Bar bedienen. Genau deswegen steige ich die Treppe lieber gar nicht erst nach oben. Schont Figur und Geldbeutel.

Aber spätestens am Kühlregal passiert es. Ein Tofu-Tempel, eine Seitan-Stätte, eine Kathedrale für Käsealternativen präsentiert sich dort. Wenn meine Arme schon unter dem Gewicht von Tempeh und Bratlingen zu zittern beginnen, stoße ich nur wenige Meter weiter auf grüne, gelbe und lilafarbene Nudeln. Diese kulinarische Expedition kann ich mir doch nicht entgehen lassen, oder? Der Whole Foods Market weckt die übermenschlichen Kräfte in mir, physikalisch nicht erklärbar, denn irgendwie schaffe ich es tatsächlich, neben all dem Besagten auch noch zwei, drei Gläser Pickles und Sauerkraut bis zur Kasse zu befördern. Puh, geschafft!

»£ 30.96«, sagt die junge Frau hinter der Theke. Sie kann sich kaum vorstellen, wie dankbar ich bin, dass hier noch Menschen aus Fleisch und Blut eingestellt werden. »Thanks.« Ich habe meinen üblichen Whole-Foods-Wednesday-Einkauf getätigt: Sojaschnetzel, eingelegten Kimchi, Edamamenudeln und einen White-Almond-Riegel. »These are the best.«

Die Angestellte kennt mich längst, wir sehen uns ja jede Woche. Ich mit denselben Waren im Arm, sie mit demselben warmherzigen Lächeln. Sie hat dunkle Haare, dunkle Augen und ein Septum in der Nase. Ihre Hände sind tätowiert, an ihren schlanken Fingern klimpern Ringe. Sie konnte mich sogar zu einer Mitgliedskarte überreden und sehr gerne habe ich ihr meinen Namen, Adresse und Handynummer diktiert. Mae, so heißt sie. Viel zu oft erröte ich vor ihr und viel zu oft plane ich Outfit und Styling, ehe ich den Whole Foods Market betrete, aber das hat sicher nichts mit ihr zu tun, oder?

Eine Woche später bin ich wieder hier. Heute wird alles anders, denke ich. Heute werde ich mir einen Korb nehmen und… »Hi, Bex!« Ja, heute ist alles anders. Mae winkt mich zu sich. Verdammt, ihr blöden Knie, hört schon auf zu schlackern! »For you.« Sie hält mir eine Tüte hin. »I packed your order already.« Meine Stimme klingt wie Helium, als ich mich bedanke.

Langsam beruhigt sich mein Puls und ich sehe mir den Einkauf näher an. Schnetzel, Kimchi, die Nudeln und, oh, zwei Riegel. Hu, was ist denn das? Da klebt ja ein Zettel dran: I like you. Wanna hang out some time? Love, Mae xx

© Rebekka Görtler 2023-01-18

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