FrĂŒher war mehr Lametta (Loriot). Wenn ich an die Fronleichname meiner Kindheit denke: Feste! Hell. Feierlich.
Um 7 Uhr ging die Blaskapelle durch den Ort, riss mich aus dem Schlaf. Die StraĂen mit mannshohen Birken geschmĂŒckt. Vor den âheiligerenâ HĂ€usern der Bauern ein Altar. WeiĂe Decken, Omi stickte auch fleiĂig, Unmengen von prĂ€chtigen Pfingstrosen. Ein wahrhaft himmlisches Bild.
Ich kann mich noch genau erinnern, wann ich erstmals mit Religion zu hadern anfing. Mit etwa dreizehn. Sollte einen Salatkopf aus dem GemĂŒsegartl holen. Da dachte ich plötzlich: Am Sonntag nicht in die Kirche gehen soll eine âTodsĂŒndeâ sein? HĂ€? Darunter stellte ich mir was echt Grausliches vor. Wenn der âliebe Gottâ so kleinlich ist, kann er mir gestohlen bleiben.
Aber als Event Manager hatte er was drauf. Diese Feste âim Johrlaufâ gibt es fast nicht mehr. AuĂer im Lesachtal gibt’s keinen gescheiten Fronleichnam mehr. Apropos: Mutti, die UngestĂŒme, sollte im Alter von 14 als Jungfrau die Mutter Gottes tragen. Omi war sehr heilig und hat sie dafĂŒr âangemeldetâ.
FĂŒr Muttl war das furchtbar. Sie stand ganz frĂŒh auf & verschwand. Man fand sie nachmittags am See in einem Ruderboot. Freundin Mali, die mit dem Strandbad, hatte ihr ein Fluchtboot geliehen, um der Tortur zu entgehen. Ihr âVataâ war evangelisch und gar nicht heilig. Ich glaub, das Rudern hatte noch ein sehr unangenehmes Nachspiel.
Aber, wie gesagt, die âEventsâ fehlen mir. Palmbuschentragen. Es gab Burschen, die hatten so lange GerĂ€te, dass sie meterlang vorne ĂŒberhingen. Sie mussten in den hintersten KirchbĂ€nken sitzen, der Buschen reichte bis zum Herrn Pfarrer und baumelte ihm die ganze Messe lang vor der Nase herum, weil er schwer zu âsteuernâ war.
Mein Bruder und ich bekamen auch manchmal einen Buschen, aber der war so mickrig, dass wir uns genierten. Drei Mini-Brezel hingen drauf und ein paar bunte Bandln. Und nicht einmal so hoch wie wir selbst. Meine unheilige Mutti war nie dabei und tat sich Palmbuschen-mĂ€Ăig kaum hervor. Vom Nikolaus-Trauma, der Kerl brachte uns NIE was, hab ich eh schon berichtet. So blieb mein VerhĂ€ltnis gestört.
Heute, am Fronleichnamstag 2020, muss ich darĂŒber wieder ein bisschen reflektieren. Vor Jahren gab es einen zaghaften Versuch, die Prozession am See wiederzubeleben. Eine wunderbare Idee. Ein paar Jahre funktionierte es. Ein Schiff fuhr von Millstatt mit Pfarrer und Blumen geschmĂŒckt nach Döbriach. Legte beim Strandbad Sittlinger an. Dort wartete ein Altar. An Bord sang der Carinthia Chor, die MillstĂ€tter Garde gab ein paar SchĂŒsse ab. Herrliche Operettenfiguren mit roten Federbuschen, die Haltung nicht ganz âsynchronâ. Das bunte Bild war herzerwĂ€rmend.
Ich wollte damals einen Bootskorso auf die Beine stellen. Paddelboote, wir haben einige im Keller, Ruderboote, alles was schwimmt, mit Blumen bekrĂ€nzen und das Schiff zurĂŒck nach Millstatt begleiten. Irgendwas kam dazwischen. Wahrscheinlich wird jemand gesagt haben: A so a Bleedsinn!
© 2020-06-11