Was ist da in uns, das uns so handeln lässt? Das uns das Leben vermeiden lässt, das uns von uns selbst trennt? Was ist es, was wir nicht machen, was nicht auszuhalten ist? Was Betäubung sämtlicher Art und Vermeidung in allen Formen und Farben produziert?
Es sind Gefühle. Es sind Geschichten über Gefühle. Es sind die Reaktionen, die wir als Kleinkinder auf Gefühlsäußerungen bekommen, die uns Gefühle dann fürchten lernen.
Wie wäre eine Begegnung, in der alle deine Gefühle erlaubt sind? In der du wütend, traurig, ängstlich, panisch, freudig und überschwänglich sein darfst?
Ich habe einmal wo gelesen, dass das reine Fühlen eines Gefühls nicht länger als 90 Sekunden dauert.
90 Sekunden, in denen man sein Herz und seinen Organismus öffnet und die Gefühlsenergie durchfließen lässt. 90 Sekunden, in denen man sich dem Loslassen verschreibt und dem Ausweichen ausweicht. Direkt ins Gefühl, Kopf voraus. Mit Haut und Haaren.
90 Sekunden purer Energie.
„Was ist davor? Was tut dann so weh?“, frage ich meine Therapeutin.
„Widerstand. Der Widerstand, der dich vor vermeintlich unaufhaltbaren Gefühlen schützt. Der dich als Kleinkind geschützt hat, als die Gefühle noch lebensbedrohlich waren für deinen kleinen Organismus. Du, und jede andere Person auf der Welt auch, hat sich einen verworrenen Weg um die Bedrohung der Gefühle aus Kindersagen gebaut. Und das ist gut so, das war überlebenswichtig. Genauso wie es jetzt wichtig ist, den Weg wieder zurückzugehen und zu sehen, dass die Gefühle von damals jetzt gefühlt werden können und du sie überleben wirst. Du sie nicht mehr mir aller Kraft von dir fernhalten musst und dich damit von dir selbst abspaltest“, höre ich sie sagen.
„Bin ich meine Gefühle?“.
„Nein, aber deine Gefühle sind Teil von dir und bringen dich zu dir. Sie sind quasi die Brücke zu deinem Kern und wollen gefühlt werden.“, entgegnet sie mir.
„Ich versteh‘ das nicht.“, sage ich.
„Das macht nichts, der Kopf kann das auch nicht wirklich begreifen. Es geht ja auch nicht ums Denken, sondern ums Fühlen. Wo sitzt denn deine Wut?“
Ich greife mir auf den oberen Bauch.
„Und genau da bleiben wir jetzt mit unserer Aufmerksamkeit.“
„Was wird passieren?“
„Du wirst es fühlen.“
© Katharina Ippisch 2023-08-14