von Enna_Winterson
âIch habe einen Brief von meiner Deutschlehrerin.â Meine Stimme klingt dĂŒnner, als ich es gerne hĂ€tte als ich den Brief auf den Tisch lege auch meine HĂ€nde zittern mehr als es mir lieb wĂ€re. Mein Vater reist den Umschlag sofort auf, als wĂŒrde er sich vorstellen, dass es etwas Gutes wĂ€re, das fĂ€ngt ja schonmal gut an. Als er den Brief befreit hat, faltet er ihn auf und beginnt zu lesen, in seiner Miene lĂ€sst sich keine einzige GefĂŒhlsregung erkennen. Ich sinke gerade meinen Blick auf den Tisch hinab, als mein Vater von seinem Stuhl aufspringt und den Brief auf den Tisch schmeiĂt: â Hat diese Lehrerin recht?â Â
âJa.â Meine Stimme wird noch dĂŒnner als vorhin. Im nĂ€chsten Moment trifft mich ein harter Schlag auf die Wange, ich hatte schon fast damit gerechnet, aber dennoch zucke ich zusammen. Ein böses LĂ€cheln wird in das Gesicht meines Vaters gezaubert, das ihn ermutigt nochmals und nochmals und nochmals zuzuschlagen. Â
Ab irgendeinem Punkt, den ich nicht ausmachen kann, merke ich, wie heiĂe TrĂ€nen mein Gesicht hinunterflieĂen, wobei ich sie neben dem GefĂŒhl meiner brennenden Wangen fast nicht fĂŒhle. Ich bekomme es nur benommen mit als mein Vater mich auf den Tisch zieht und ich mich dabei an mehreren zerbrochenen GlĂ€sern schneide. Der Brief, auf dem ich mittlerweile liege, ist verziert mit meinem Blut, als mein Vater einfach hier liegen lĂ€sst. Ich setzte mich auf, ich glaube, ich war kurz weg. WĂ€hrend des Versuchs, nicht noch mehr Schnittwunden zu bekommen, fĂ€llt mein Blick auf den Brief voller Blut, ich nahm in in die Hand und betrachtete ihn, vom Text konnte man fast nichts mehr erkennen, nur ein kleiner Teil war vom Blut verschont geworden, âProbleme zuhauseâ danach hatte sich ihr Geschrei in der Schule nicht unbedingt angehört, nicht nach Sorge. Erst als ich vor der TĂŒr stand, mit meinem bereits gepackten Rucksack und mit dem Handy in der Hand begann ich zu realisieren, dass ich, wie ich mich die letzten Jahren verhalten hatte, nicht besser als meine Mutter war, auch ich hĂ€tte einfach abhauen können, ich war einfach nur nicht mutig genug gewesen. Mein Handy machte mit einem Klingeln wieder auf sich aufmerksam, es hatte schon den ganzen Mittag lang ungewöhnlich oft geklingelt. Als ich drauf schaute, erschrak ich kurz, bis mir wieder einfiel, dass Bene und ich bei unserem Kaffeetreffen, unsere Nummern ausgetauscht hatten. Allerdings war ich mehr von dem Inhalt der Nachricht erschrocken, als vom Absender, erst drohte er damit zu mir nach Hause zu fahren, weil ich nicht antworte, in der nĂ€chsten Nachricht wirkt er noch Besorgter: âMir ist egal, wenn du sauer bist, dass ich zu dir fahre, aber wenn du mir einfach nicht antworten willst, musst du damit leben ich fahre jetzt los.â Was zur Hölle, hat er sich ernsthaft solche Sorgen um mich gemacht, ohne lange zu ĂŒberlegen, rief ich ihn an, wenn mein Vater sehen wĂŒrde, dass mich ein Typ abholt, wĂŒrde er Bene dieselbe Behandelung geben wie mir. Nach einiger Zeit kam er an und als ich in sein Auto stieg, schaute er mich mit groĂen Augen an. âDu brauchst mir nicht erklĂ€ren, was passiert ist, aber du siehst aus, als kĂ€mst du aus einer KneipenschlĂ€gerei, die du verloren hast. Ich fahre dich jetzt ins Krankenhaus und mir egal, ob du das möchtest, du hast mir einen riesen Schrecken eingejagt.âÂ
© Enna_Winterson 2025-07-23