Für immer vorbei

Es gab so vieles, was ich ihr in diesem Moment hätte erklären wollen, aber die Worte spielten Verstecken in meinem Kopf, wollten nicht so recht hervorkommen. Ich war nicht sicher, welche Reaktion ich erwartet hatte, sicher war aber, dass ich mehr Reaktion erwartet hatte. Immerhin hatte ich ihr gerade eröffnet, dass ihr Vater uns verlassen hatte. Er hatte die Koffer gepackt und war gegangen. Keine Notiz, die uns erklären würde, warum oder wohin.

Sie sah mich nur an mit ihren ernsten braunen Augen. Saß mir gegenüber auf dem Küchenstuhl, die Hände zwischen Sitz und Oberschenkeln eingeklemmt und baumelte mit den Füßen. Weder war sie in Tränen ausgebrochen, noch hatte sie auch nur eine einzige Frage gestellt. Sie schien auch nicht sonderlich überrascht zu sein. Womöglich hatte sie mit ihren sieben Jahren doch mehr mitbekommen und verstanden als er und ich gedacht hatten.

Ich wollte ihr so vieles sagen! Dass es nicht an ihr lag und sich Papa bestimmt bald bei ihr melden würde. Dass er weiterhin ein Teil ihres Lebens sein würde. Aber würde er das? Mein Kopf war abwechselnd leer und voll mit Chaos.

Ich betrachtete meine kleine Tochter, die gar nicht mehr so klein war. Ein paar Strähnen hatten sich aus ihrem blonden Pferdeschwanz gelöst und hingen ihr in die Stirn. Sie trug ein T-Shirt mit einem Pferd und Jeans, ihr Lieblingsoutfit. Wie lange wohl die Pferdephase noch andauern würde? Ich wusste es nicht. Im Rückblick erschien mir jede Phase im Leben meiner Tochter nur Sekundenbruchteile zu dauern. Viel zu schnell vorbei.

Sie hat nie viel geschrien als Baby, hat schnell gelernt auszudrücken, was sie braucht, macht meistens, was man ihr sagt. Auf der anderen Seite ist sie sehr still, spricht wenig, lacht noch weniger. Oft kommt es mir so vor, als wäre sie die Erwachsene und wir die zankenden Kinder.

Ich seufzte. Musste mich selbst zusammenreißen, um nicht die Tränen laufen zu lassen, die sich in meinen Augen bildeten. Alleinerziehend. Das war nun also die Zukunft. Ich hatte den Boden unter den Füßen verloren, obwohl meine Füße fest darauf standen. Ihre Füße baumelten in ihren roten Turnschuhen und doch schien meine Tochter mehr Bodenhaftung zu haben als ich.