Gänseblümchen

Gestern war wieder einer dieser Tage, an denen ich mir eigenartige Fragen gestellt habe.

Es passiert bei mir von Zeit zu Zeit, dass ich ins Zweifeln komme – die unterschiedlichsten Themen betreffend. Mal ist es mein Beruf, ein anderes Mal stelle ich meine Wohnsituation infrage und gestern musste eben meine Beziehung dran glauben.

Ist etwas gut, weil es wirklich gut ist oder finde ich es einfach gut, weil es nicht schlecht ist? Mögen wir uns oder sind wir einander einfach nur gewohnt?

Und so hab ich mich in den Garten begeben, mir ein Gänseblümchen gepflückt und mich in der Nachmittagssonne auf meinen Lieblingsplatz ganz hinten im Eck gesetzt. Der alten Holzbank, die dort im wunderbaren Naturschatten steht, sieht man durchaus an, dass sie schon einige meiner Entscheidungen aushalten musste.

„Wir lieben uns’‘, denke ich mir, während ich das erste weiße Blütenblatt abzupfe und im Wind davon schweben lasse. Ja, wir lieben uns wirklich, immerhin haben wir uns ja bewusst füreinander entschieden. Wenn ich an dich denke, dann spüre ich immer noch dieses Kribbeln im Bauch, es ist nur tiefer vergraben als früher. Wir sind ein gutes Team und haben schon so viele Höhen und Tiefen erlebt, dass man darüber eine eigene Geschichte schreiben könnte.

,,Wir lieben uns nicht‘‘, seufze ich und rupfe dem Gänseblümchen ein weiteres Blütenblatt ab. Manchmal befürchte ich, dass wir mehr zu Mitbewohnern geworden sind. Der Alltag hat uns nicht nur eingeholt, sondern regelrecht überfallen und wir leben mehr nebeneinander her als miteinander. Sind wir wirklich noch dieses Team oder ist es mehr die Erinnerung daran, die uns zusammenhält?

,,Hallo, meine kleine Gartenfee!‘‘. Du reißt mich aus meinen Gedanken und setzt dich neben mich auf die Bank. ,,Ich hab dir vom Einkaufen deine Lieblingssüßigkeit mitgebracht!‘‘, sagst du und legst mir deinen Arm um meine Schulter. Deine Augen leuchten und bekommen dieses wunderbare Glänzen, das immer zu sehen ist, wenn du zufrieden bist. Du erzählst mir begeistert von deinem Tag und berichtest aufgeregt, welche großartigen Erkenntnisse du in der Arbeit hattest. Ich kenne mich damit sowieso nicht aus, das weißt du ganz genau, aber trotzdem möchtest du mich unbedingt an deiner Freude und an deinem Stolz teilhaben lassen. Ich höre dir lächelnd zu, während ich mich an dich anlehne und deinen Duft einsauge. Du riechst nach zu Hause, nach Geborgenheit und Zuneigung.

,,Was machst du da eigentlich?‘‘, willst du wissen und betrachtest fragend das Gänseblümchen in meiner Hand.

,,Ach nichts‘‘, sage ich und lasse das Gänseblümchen fallen. ,,Ich hab nur darüber nachgedacht, wie lieb ich dich eigentlich hab!‘‘