von GONI
Was waren wir früher arm. Mit nur wenigen weißen Sorten konnten wir auskommen. Luxus pur waren die Semmeln, Salzstangerl, Weckerl, Mohnflesserl, Kipferl und fallweise Wachauerlaberl und Grahamweckerl. In den Gasthäusern und Restaurants gab es schon das Körbchen mit gut duftendem Gebäck in Servietten eingeschlagen. Da konnte man schon den 1. Hunger stillen, bis die Bestellung aufgenommen war und die Küche frisch aufkochte. Gingst du bei einem Bäcker vorbei, da reizte dieser Duft deine Geschmacksnerven schon kräftig. Brot und Gebäck, aber auch die Zuckerbäckerwaren lockten die Augen an.
Und dann hatte ein kleiner Betrieb in OÖ die Idee für Brot und Gebäck fertige Backmischungen an die Bäckereien zu liefern, um den kleinen Bäckern die Arbeit zu erleichtern, bzw. sie länger schlafen zu lassen, wenn die Vorbereitungen kürzer werden würden. Das war ein gutes Geschäft und für die immer zahlreichere Kundschaft wurde in der Forschungsabteilung nach Neuem geforscht. 1983 war es dann soweit, ein dunkles Weckerl verließ die Forschungsabteilung, um die ganze Welt zu erobern. Der Kornspitz war 1984 erfunden worden. Ein Jahrhundertereignis, das eigentlich viel zu wenig gewürdigt wurde. Natürlich war das Patent angemeldet, ist inzwischen abgelaufen und der Kornspitz wird zum Synonym für alle anderen dunklen Sorten. Eine Gattungsbezeichnung für eine neue Gruppe. Das Patent war abgelaufen, der markenrechtliche Schutz aufgehoben, geschützt blieb lediglich die Backmischung und die Teiglinge und trägt heute den Namen Kornspitz original. Mich hatte schon von Anfang an der Geschmack überzeugt und ich wurde zum Kornspitzfan. Dann, nach Ablauf des Patents wurde das Kornspitzrezept verändert, nachgemacht, ich mochte den Kornspitz nicht mehr, mein Magen rebellierte immer wieder, also ist der Kornspitz in Ungnade gefallen. Dieser Rechtsstreit ging von 2011 bis 2015. Das wusste ich alles nicht und gestern ging ich abends einkaufen. Sehr spät. Die Regale ausgeräumt, fast leer, aber ein halbes Brot und zwei Weckerl lagen einsam im Regal. Ich habe mich erbarmt und sie zum Essen auserkoren. Auf der Rechnung stand Kornspitz original. Sofort war die Erinnerung und der alte Geschmack fühlbar, mein Magen ganz entspannt und ich schnell satt. Oh, mein Kornspitz ist auferstanden. Ich brauche nicht mehr wegschauen, nur genau aufs Original blicken. So sind meine Lieblinge das Grahamweckerl seit meiner Kindheit und der Kornspitz im Original.
Und weil ein Welser Unternehmer mutig gleich 1000 kleine Backöfen kaufte und den Hotels zur Verfügung stellte, entwickelte sich der Verkauf von halbfertigem Gebäck ganz rasant zu einem neuen Geschäftsfeld einer Großbäckerei. Jederzeit frisch und resch auf den Teller. Wie wir das längst gewohnt sind und nicht vermissen wollen.
Werden heute zu Silvester auch Kornspitz und Co. auf deinem Teller liegen und zum Neuen Jahr auch noch? Wiederlesen im neuen Jahr darauf freut sich euer Goni
© GONI 2021-12-30