von Daniela Courage
Heute ist mein Geburtstag. Am 7. Mai 1967 bin ich in einer Kleinstadt im Saarland geboren. Ich bin ein Sonntagskind. Sonntagskind, das klingt so nach Glück, nicht wahr? Ein Kind, das an einem Sonntag geboren wurde, ist etwas ganz Besonderes. Es wird von allen geliebt. Jeder, der dieses Kind anschaut, lächelt, weil er weiß, dass dieses kleine Wesen vom Glück gesegnet ist. Es hat eine Mama, die es umsorgt und an ihrer Brust nährt. Und einen Vater, der nur so hart für die Familie arbeitet, damit es dem kleinen Sonnenschein an nichts fehlt. Das Sonntagskind gedeiht ganz prächtig und selbst in der Pubertät erfährt es Verständnis und bedingungslose Liebe von seinen Eltern. Manchmal, wenn die Mama, in Gegenwart anderer, über die schwere Geburt spricht, betont sie dennoch liebevoll, dass ihr Sonntagskind schnell all ihre Schmerzen vergessen ließ. Und der Vater nimmt das Kind nach der Arbeit auf seinen Schoß, streicht ihm liebevoll über das Haar und sagt: „“ Du bist mein Sonntagskind.““
Meine Mama war, seit ich denken kann, eine kranke Frau. Manchmal sagte sie zu mir: „“ Du bist an einem Sonntag geboren.““ Ich weiß nicht mehr in welchem Zusammenhang. Nur fühlte ich mich nicht so. Mit 8 Jahren führte ich den Haushalt, weil meine Mama aufgrund ihrer Depressionen und ihrer Alkohol- und Tabletten Abhängigkeit oftmals im Bett lag. Manchmal war sie monatelang nicht da. Wir (meine jüngere Schwester und ich) waren dann bei unserer Oma und den Tanten väterlicherseits. Ich erinnere mich daran, dass wir sie in einer Klinik besucht haben. Sie durfte uns nur in Begleitung einer Krankenschwester sehen. Heute weiß ich, dass sie sich in einer geschlossenen Psychiatrie befand.
Mein Vater war ein „Sonntagspapa“. Viel arbeiten, viel Alkohol, viele Frauen, ein Egoist und nur sonntags für uns da. Meine Mama wurde von ihm klein gehalten. Dennoch versuchte sie immer uns alle (materiellen) Wünsche zu erfüllen.
Ich liebte meine Mama sehr, doch bekam ich leider nie die Zuneigung und Wärme, die ich als kleines Mädchen gebraucht hätte. Manchmal stellte ich mich krank. Ich klagte über Bauchschmerzen und manipulierte das Fieber-thermometer, indem ich es unter heißes Wasser hielt. Ich weiß, dass meine Mama eine schlimme Kindheit gehabt haben muss. Ich kenne nicht alle Details. Das, was ich weiß ist, dass sie lange in einem Waisenhaus lebte, weil meine Oma arbeiten musste. Meinen Opa lernte ich nie kennen und niemand sprach jemals über ihn.
Heute vor 58 Jahren war mein Geburts-Tag. Ich weiß nicht, ob ich ein Wunschkind war. Ich weiß nur, dass ich kein Sonntagskind bin.
© Daniela Courage 2025-05-07