Geburtstagsgruss mit Glücksklee – Für R.

Musenzeit

von Musenzeit

Story

Im Garten wächst dieses Jahr so viel Klee wie nie zuvor. Als ob du mich grüßen würdest. Von einem Irgendwo und Überall.
Ich sehe dich vor mir im Kleefeld, wie es immer war, Zigarette selbstgedreht, ultragedehnt in der Hocke, so hast du deine kleinen Glücksgrüße gesucht und gefunden. Auch im Leben hast du danach Ausschau gehalten, wieder und wieder.
Seit Wochen plagen mich immer wieder Schluckbeschwerden und die Tränen kommen spontan in Erinnerung. Trauer lässt sich nicht einfach herunterschlucken. Heute wärst du 50 geworden. Im letzten Jahr hingen Luftballons in deinem Krankenzimmer. „Ich feiere meine Wiedergeburt.“ Das war dein Plan, nach der harten Therapie, durch die du kurz zuvor gegangen bist. Seit ich dich kenne, warst du der Meister sämticher Computerspiele, bist locker durch alle Levels gegangen, wo mir schon beim Zusehen nach Sekunden schwindelig wurde. Du hast die komplizierteste Chemie erklärt wie ein Kinderspiel, warst Vertrauenslehrer und Poetry Slammer, jahrelang schnell wie der Wind beim Servieren während deiner Studentenjobs, hast dann deinen Doktortitel unter den Tisch fallen lassen, so wie dein langer Haarzopf über den Rücken fiel. „Das ist dort ein Haifischbecken“, so hattest du deine „Schweizer Doktoratslehrjahre“ bezeichnet, bist danach lieber ins Lehramt gegangen.

Unzählige Stunden sind wir bei meinen Besuchen philosophierend in Cafés und am Fluss gesessen. Deine unbedingte freundschaftliche Präsenz ließ mich abends in den Lokalen entspannt tanzen, während du währenddessen lieber mit den Barfrauen und Studentinnen um dich herum geflirtet hast. Du warst mein zuverlässiger „Ritter durch die Nacht“ bei solchen Abenden. Wir konnten uns aufeinander verlassen, deine Partnerinnen waren starke, besondere Frauen. Deine Sprache, Gedichte und Geschichten waren so besonders wie du es als Mensch warst. Deine Präsenz kam manchen arrogant vor, man musste schon tiefer schauen…

Immer noch denke ich „jetzt rufst du gleich an und wir quatschen wieder mal über dies und das“, wie es fast 30 Jahre lang war. Deine letzte Sprachnachricht kam zu Neujahr, deine Stimme klingt wieder kräftig, warm und zuversichtlich. Dein letztes Bild nach der Reha mit deinen nachwachsenden Haaren, so viel Hoffnung doch wieder. Nur noch ambulant sollte es weitergehen. Dann der Anruf deiner Schwester… vor Trauer betäubt. Ich habe es nicht auf deine Beerdigung geschafft. Du hast zuletzt von Reinkarnation gesprochen. Beim letzten Treffen wollte ich nicht hören, dass du lieber gehen wolltest. „Der Körper macht lange einfach immer weiter“, meintest du. Ich spüre Hoffnung. Es gab Chancen, hieß es. Ich wollte nicht, dass du gehst. So egoistisch, nicht wahr? Während du mit Schmerzen lagst und die Krankheit wütete… ich sah weiter den starken Kämpfer in dir, diesen Lebenswillen. Wohin bist du jetzt wohl gegangen? Mich begleitest du weiterhin. Wenn ich in einem Café sitze, wenn ich Kleeblätter sehe… Ich höre dein Lachen, bemerke, wie du freundliche Konversationen genießt, wie klug du kommentierst und jeden Hund am liebsten adoptieren würdest.

Du fehlst mir sehr, mein lieber guter Freund. Heute feiere ich dich in der Erinnerung schöner Momente. Du hast mein Leben bereichert mit deinem Sein. DANKE, für alles. Alles Liebe, wo immer du nun bist. –

© Musenzeit 2025-05-15

Genres
Biografien
Stimmung
Emotional, Reflektierend, Traurig
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