von BlueBrownie
Ich glaube, mit dir ist in mir irgendwas kaputtgegangen. Momentan scrolle ich fast jeden Tag durch die schier endlosen Weiten von Social Media. Mir werden Fotos und Videos von Menschen angezeigt, die mit ihrem umgebauten Van durch die Landschaft düsen, die jeden Moment in all seiner Schönheit in sich aufnehmen, die sich in sich selbst und in jemand anderen verlieben, die sich verloben, heiraten, schwanger werden, Kinder bekommen, Wohnungen mieten, Häuser bauen, umziehen, einziehen, ankommen.
Und ich sitze stundenlang vor meinem Handy. Starre mit leeren Augen in das blaue Licht des Bildschirms. Und bin zwiegespalten. Zwischen einer Freude, die ich für all diese Menschen empfinde. Weil das alles so toll ist, was sie Tag für Tag machen. Aber auch zwischen dem Gefühl, was sich nur schwer in Worte fassen lässt. Ich bin neidisch auf das schier unglaubliche Glück, das all diese Menschen miteinander teilen. Ich bin wehmütig, weil ich dieses schier unendliche Glück bislang noch nicht gefunden habe – und möglicherweise auch nicht in dieser Form haben werde oder überhaupt möchte. Ich bin skeptisch, weil das, was uns allen auf diesen Fotos und Videos gezeigt wird, nur kurze Momentaufnahmen sind – und sie daher nur einen winzigen Einblick in das tatsächliche Glück dieser Menschen geben.
Und zwischen all diesem Glück habe ich meinen Zynismus nicht verloren. Was, wenn dieses Glück doch nicht ewig hält? Was, wenn der Van auf einmal im Nirgendwo einfach liegen bleibt? Was, wenn diese beiden Menschen nun doch nicht auf ewig so tief ineinander verliebt sind? Was, wenn die Verlobung doch aufgelöst wird? Was, wenn die Ehe schlussendlich doch geschieden wird? Was, wenn doch eine postnatale/postpartale Depression einsetzt? Was, wenn sie schlussendlich nur der Kinder wegen zusammenbleiben? Was, wenn die Wohnung doch nicht so traumhaft wird, wie sie zu Beginn den Anschein hatte? Was, wenn die Menschen umziehen, einziehen, aber sich doch nicht angekommen fühlen?
Aber im Moment ist das alles nicht relevant.
Weil Glück im Moment empfunden wird.
Weil Glück mehr wird, wenn man es teilt.
Aber dennoch glaube ich, dass mit dir in mir irgendwas kaputtgegangen ist.
Anmerkung der Autorin:
Die sozialen Netzwerke können Fluch und Segen zugleich sein. Nach meiner ersten Trennung waren sie für mich meist ein Fluch. In meinen Feed wurden Bilder und Videos von glücklichen Paaren gespült. Zu dem damaligen Zeitpunkt war das für mich sehr frustrierend, weil ich mich gerade nicht in so einer Situation befunden und anderes gemeinsames Glück nur schwer ausgehalten habe. Genau das wollte ich damals ja auch haben, hatte es aber gerade verloren. Heute weiß ich, dass mir zwischendurch Pausen von sozialen Netzwerken guttun, um mich nicht so sehr mit anderen Menschen zu vergleichen, weil das in schlechten Momenten noch mehr auf meine Stimmung schlägt. Wenn sich auch deine Gedanken vor allem nachts viel zu viel im Kreise drehen, mach gern was dagegen, aber schau nicht unbedingt auf den sozialen Netzwerken vorbei.
© BlueBrownie 2024-07-05