von Sabine Doods
“Ruhiges und beherrschtes Ertragen von etwas, was unangenehm ist oder sehr lange dauert”.
Auch wenn ich sicherlich einiges Ertragen kann, so bin ich leider einfach kein geduldiger Mensch. Im Sommer wurde mir von jemandem vorgeworfen, dass ich es wohl auch nie lernen würde. Die Worte waren wie Schläge, böse und gemein. Ich grübelte darüber nach, ob sie wahr waren.
Ich wäre gerne geduldiger, sicherlich. Die Ungeduld ist wie ein Motor in mir. Allerdings ist sie auch meine treibende Kraft. Die es schafft, dass ich Dinge erledige, Projekte nicht nur beginne, sondern auch vollende.
Ich denke mir, dass das Leben oft zu kurz ist, als dass man es mit Warten verbringt. Ich komme schnell ins Tun, sehe gerne Ergebnisse. Bin effizient.
Langes Warten ist nicht meins. Ich weiß, dass die Geduld eine Tugend ist. Ich weiß, dass das Leben oft unsere Geschwindigkeit drosselt. Einen Gang herunterschaltet, oder gar auf die Bremse steigt. Nicht immer kann es Grünphasen geben. Wenn die Ampel rot ist, heißt es Bremsen und stehen bleiben.
Und warten. Auf den Sponsionstermin, der seit einem Jahr verschoben wird. Auf ein Ende der Omikronwelle. Auf eine Lockerung der Einreisebestimmungen im Lieblingsreiseland. Auf wärmeres Wetter, den Frühling, die neue Liebe, die nächsten Sonnenstrahlen.
Abwarten und Tee trinken lehrt uns ein Sprichwort. Ich frage mich, wie viele Tassen Tee es wohl brauchen wird. Auch hier zeigt sich meine Ungeduld, denn nur diese zählt die Tassen bis zum Eintritt des erwünschten Ereignisses.
Beneide ich die ruhigen, geduldigen Menschen dieser Welt? Manchmal. Wenn die Ungeduld an mir zerrt, dann will ich sein wie sie. Und mich damit abfinden, dass ich manches nicht verändern oder beschleunigen kann. Dass alles zur rechten Zeit geschieht. Dann will ich stoisch ertragen, was unangenehm ist oder sehr lange dauert.
© Sabine Doods 2022-01-24