von Estrellita
Ich sitze wach, die ganze Nacht. Denke, was gewesen wäre. Bin in der Dunkelheit versunken, in meinen eigenen Gedanken ertrunken, komme nicht raus. So viele Emotionen und gleichzeitig keine. Baue eine Mauer, die keiner überqueren kann … nicht einmal ich. Mit Stacheldraht und bis zum Mond hinauf ragt sie empor und ich mittendrin, zusammengekauert und kann mich kaum rühren. Sind das meine Gedanken? Bin ich jetzt so?
Es war so viel Freude in mir. Ich war ich. Was bin ich jetzt? Eine Hülle gefüllt mit Nebel. Kann mit mir selbst jetzt kaum leben und gerade deswegen, brauch’ ich dich! Das ist nicht fair, ich weiß das! Und du weißt das auch, deshalb weichst du mir aus. Aber siehst du nicht, ich brauche dich! Deine Dämonen kann ich nicht sehen und du nicht meine, wenn wir sie nicht teilen. Sollen wir einfach weiter in Stille verweilen?
Wärst du nicht, wo wäre ich? Am Trinken in Clubs verloren in der Nacht. Gebe mich jemandem hin, der sich gar nichts draus macht. Macht es Spaß? Das kommt darauf an, aber es ist nur ein Impuls, an dem ich nichts ändern kann – sage ich mir. Ein Blick Richtung Leichtigkeit. Doch das will ich alles nicht! Ich will dich!
Und ich tu’ dir weh, ich kann nicht widerstehen. Ich denke nicht nach – nein – ich denke zu viel! Will dir Einlass gewähren, doch du siehst mich nicht. Du siehst mich nicht als mich – jetzt in diesem Augenblick! Dann komm’ ich mit dem Vorschlaghammer und es platzt aus dir heraus. Da ist er wieder, der Impuls, die fehlende Kontrolle. Ich gehe weg, schließe mich ein. Das wollte ich nicht! Dein Schmerz schmerzt auch mir und ich will uns nicht verlieren.
„Es tut mir leid“, sage ich und du weißt, das meine ich, doch es fällt dir sichtlich schwer, mich weiter zu ertragen. Ich versuche, mich zu öffnen, den Draht langsam anzuknipsen, nur für dich. Und du nimmst mich in den Arm, doch Emotionen hast du keine – keine, die ich sehen kann. Und ich frag’ mich, willst du wirklich… mich?
Über Gefühle kann ich nicht reden. Die Emotionen überkommen mich, die Mauer bricht. Keiner soll mich so sehen, sehen wie es mir wirklich geht! Will die Traurigkeit vermeiden, in der Gleichgültigkeit verbleiben und ich tu’, was ich schon immer tat: Ein Lächeln aufsetzen, während ich mich selbst zerfetze. Nur Stücke von mir schweben umher und innerlich fühle ich mich leer. Was, wenn es jetzt zu Ende wär? Nicht durch mich, nur irgendwie – ein falscher Tritt, ein dummes Missgeschick. Wer würde mich vermissen?
Die Gedanken kreisen, scheinen immer weiter zu entgleisen, bin gefangen in meinem Kopf. Wenn ich den Schlaf finden kann, fängt es dann von vorne an? Und dann stehst du auf der Mauer, du mit deiner Superpower, dem sanften Blick in deinen Augen und ich kann es selbst kaum glauben, wirfst ein Seil zu mir herab. Wenn ich die Kraft finden kann, zieh’ ich mich zu dir heran. Könnte ich meinem Kopf entkommen, hätten wir schon fast gewonnen.
© Estrellita 2024-05-09