GeflĂĽgeltes Wort

Philipp Zabernig

von Philipp Zabernig

Story

Erprobtes wird zu Routine, Routine wird zu Gewohntem, gewohntes wird alltäglich. Diese Beschreibung summiert trefflich die vorherrschende und nicht weichenwollende Situation. Keiner darf raus, keiner darf rein, frei nach dem Motto „Jeder rettet Leben“. Leider gibt es viel zu häufig Ausnahmen, die provozierend versuchen uns alle zu verunsichern. Manche werden es wohl nie lernen und erst dann verstehen, wie ernst es steht, wenn sie in ihrem Umfeld selbst betroffen sind. Die heuchlerische Doppelmoral vieler ist unerhört. Zum einen geben sie vor, den Geboten der Regierung folge zu leisten und veranstalten gemeinschaftliche Geburtstagsfeiern. Der Höhepunkt, alles ins Netz zu stellen, ersichtlich für jeden, sprengt meine Imagination an den gesunden Menschenverstand.

Die Negativbeispiele werden aber von der Gegenseite gut kompensiert. Zumal geht die Polizei gegen diese „Verbrechen“ streng vor und verhängt ein Bußgeld, das für Jugendliche normalerweise zum Nachdenken anregen sollte. Eltern schuften unter höchstem Druck, um die Familie zu ernähren, während die Kinder sich nichts schämend damit befassen, das hart erarbeitete Geld bei „offenen Türen“ rauszuwerfen.

Ein spätabendliches Telefonat mit meinen Freunden brachte mich dann wieder in bessere Stimmung. Diskussionen, wenngleich nicht persönlich gegenüber, sondern virtuell mit den Mobiltelefonen, weckten Freude und Zusammenhalt in mir. Die Sorgen schienen für eine geschlagene Stunde und 20 Minuten, ein durchaus übliches Telefonat zwischen uns vieren, wie verflogen und vergessen. Jeder erzählte seine Geschichten und jedem wird zugehört. Pläne für den Sommer wurden geschmiedet und interessante Konzepte für eine „Summer school“ wurden gefunden. Die Notsituation regt die Fantasie an. Die Ideen sprudelten nur so heraus und wurden, wie es heutzutage üblich ist, gleich in einer neuen Whatsapp-Gruppe festgehalten. Gedanken, die ein baldiges physisches Zusammentreffen verhindern könnten, traten gar nicht erst auf. Wieso auch. Wir alle sind felsenfest davon überzeugt, dass die Krise vorbeigehen wird und das Leben, wenn auch neu und anders, weitergehen wird. Meine Freundin, mit der ich übrigens auch mehrmals am Tag telefoniere, befindet sich ebenfalls in Isolation. Nicht bei mir, sondern geschätzte 10 Kilometer Luftlinie entfernt. Ein Katzensprung von gerade 6 Autominuten, 15 Minuten am Fahrrad, wenn auch flott in die Pedale getreten. Katzensprung auch jetzt? Weit gefehlt. Wir haben uns dazu entschlossen, die nächste Zeit auf Abstand zu bleiben. Nicht weil wir die Situation zu dramatisch sehen, sondern aus dem Grund, dass wir wissen das die kurze getrennte Zeit nichts im Vergleich dazu ist, was uns noch gemeinsam bevorsteht.

Mit Sicherheit wird am Ende des Jahres wieder das Wort des Jahres prämiert. Zur Auswahl könnten „Corona“ „Pandemie“ „Flatten the Curve“ „Sicherheitsabstand“ oder „Verzögerung“ stehen. The winner is (to be cont.)

© Philipp Zabernig 2020-03-23

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