Gefühlskater

Kramasuri

von Kramasuri

Story

Samstag. Ein Tag, dem man allgemein sehr große Beliebtheit nachsagt, setzt sich an deine Bettkante und anstatt dir deine Wange zu liebkosen, gibt er dir eine Ohrfeige, nimmt deine Hand, zieht dich mit einem Schwung zu sich hoch und presst dich an sich heran, um seinen aufgeregten, viel zu schnellen Herzschlag zu spüren. Du gehst zum Spiegel, schaust dich an, findest dich wunderschön und verliebst dich. In dich.

Der Tatendrang von dir und den Menschen, die du liebst oder zumindest sehr schätzt, lässt nicht lange auf sich warten und es werden Ideen ausgeheckt, seien sie auch noch so absurd und übertrieben und das Kind in deinem Kopf rennt, aufgebracht, laut singend, lachend umher und schlägt mit seinen Fäusten schreiend gegen die Wand. Es will raus. Euphorie, welche die letzten Tage wegen Verpflichtungen zu Hause bleiben musste, ist heute Stabführerin und darf für heute entscheiden, wo es lang geht. Du spürst, wie sich dein Herz mit zunehmender Freude wie ein Ballon in deinem Brustkorb aufbläst und dich dadurch bei den himmelhoch, jauchzenden Liedern keinen richtigen Ton mehr treffen lässt. Und der Tag gibt dir, ohne dass du höflich darum bittest, süße Früchte und sie schmecken unglaublich köstlich. Du kannst nicht aufhören davon zu naschen. Doch sobald die schwarze Luft kommt, verwechselst du die Früchte und nimmst einen Bissen einer Version von dir selbst und du verfällst in einen Blutrausch.

Vom Übermut ferngesteuert bist du hungrig nach jeglicher Form der Ekstase. Deine rationalen Gedanken und Intuitionen schaltest du dafür einfach aus.

Ansonsten pflegst du eine sehr gesunde Form der Umwelt-Aufnahme, also du genießt dein Leben relativ naturbelassen. Hier und da ein bisschen würzen, doch wir wollen ja nichts überreizen. Und dann gleich das gesamte Gewürzregal an Reizen auf einmal und dann wundern, wenn‘s hintenher brennt.

Sonntag. Öffnest du die Augen wegen dem Kopfschmerz oder hast du Kopfschmerzen, weil du die Augen geöffnet hast? Du liegst in deinem Bett, auf deinem nach Rauch stinkenden Polster. Dein Körper ist schwer und deine Regungen langsam. Und du dachtest noch, du hättest dich gestern Übermut aufgerissen, da er dich gestern durch die Nacht begleitet hat und dir keine Sekunde von der Seite wich. Doch du blickst nach links und dort liegt nur Scham. Und er hat Pickel am Rücken, am Hinterkopf eine Glatze und hat soeben gefurzt. dir Dir wird klar, dass ihr es gestern auf Teufel komm raus miteinander getrieben habt.

Ansonsten ist dein Leben in angenehme Pastelltöne gehüllt, doch heute ist es kakifarben und riecht nach abgestandenem Aquariumswasser.

Warum quält es dich? Als würde eine Moral-Jury deine Performance bewerten und dir auf einer Skala von leicht beleidigend bis stark demütigend, die höchst mögliche Bewertung geben. Scham türmt sich neben dir auf und wird mit jeder Minute widerlicher und berichtet dir von letzter Nacht und ist dabei viel ehrlicher als es dir lieb ist.

© Kramasuri 2022-01-07