Geheime Liebe

Birgit Bremer-Fözö

von Birgit Bremer-Fözö

Story

“Marillenknödel, heute mach ich ihm Marillenknödel!”, sie war eine kleine kompakte Frau, mit rosa Bäckchen, so rund und voll, wie ihre Marillen im Garten hinter der Gaststube. Voller Hingabe befreite sie die heißen, dampfenden Erdäpfel von ihrer Schale, bevor sie diese mit Leidenschaft und dezenter Kraftanwendung durch die Presse drückte.

Liebevoll knetete sie genau die richtige Menge Gries und Mehl unter die weiche Masse. Ein Ei und sie konnte es sich nicht verwehren, ein kleines Knödelchen des rohen Teiges in ihren süßen Mund zu schieben, um die passende Prise fehlenden Salzes beizumengen. Mit verträumten Blick und einem leichten Lächeln auf den vollen Lippen tränkte sie die Würfelzuckerstücke in feinstem Rum, bevor sie diese in das Herz der pausbackigen Früchte legte. Und mit einem beinahe leidenschaftlichen Raunen schuf sie göttlich anmutende Schätze, indem sie die kleinen Sonnen vorsichtig mit Teig umschloss.

Es dauerte nicht lange, bis es aus der kleinen Küche hinaus und in den Gastraum hinein nach herrlich goldbraunen Zucker-Zimt-Bröseln roch.

Natürlich war er da, wie jeden Mittwoch, Donnerstag und Freitag. Montags hatte er immer etwas vom Sonntagsbraten seiner Mutter im Gemeindeamtsbüro mit … in einem Menagereindl.

Dienstags hatte die kleine Gastwirtschaft Ruhetag.

Natürlich aß er mit großem Genuss und ein wenig auch aus Gewohnheit das tägliche Menü, das ihm seit nun mehr als drei Jahren seinen Tag versüßte. Sie lugte natürlich, so wie jeden Tag, aus der Küche zum Stammtisch, an dem er saß und beobachtete ihn vorsichtig sehnsuchtsvoll.

Und er konnte dies, so wie jeden Tag, über den kleinen Spiegel, der beim Eingang neben der Garderobe hing, bemerken. Wie zufällig lies er seinen Blick durch den Gastraum schweifen und blieb nur kurz an den Reflexionen des süßesten Wesens hängen, dass es im ganzen Wachauerland zu geben schien. Noch nie hatte er ein Wort mit ihr gesprochen, doch er hatte das Gefühl, sie schon lange zu kennen. Als ob sie die köstlichen Speisen nur für ihn zubereiten würde. Manchmal träumte er davon, dass sie an ihn denken würde, während sie den Erdäpfelteig knetete, dass sie die Schwammerl nur für ihn mit viel Geduld von Tannennadeln und Erde befreien würde, mit jeder Zwiebelschale eine Schicht seines Herzens entblättern wolle.

Er nahm sich fest vor, ihr heute durch den Spiegel, der schon einige blinde Flecken vorzuweisen hatte, seine Zuneigung zu schicken und sie endlich anzulächeln. Doch just in dem Moment, als er kurz starr vor Schreck bemerkte, dass sich ihre Blicke, so wie jeden Tag, kurz zu treffen drohten, wich sie schnell zurück und verschwand wieder in der Küche. Er glaubte, noch ihr verlegenes Lächeln und ihre etwas rosiger gewordenen Bäckchen gesehen zu haben.

Morgen! Ganz bestimmt! Morgen wollte er ihr eine rote Nelke mitbringen, sie in die Küche bringen lassen, um ihr Lächeln vielleicht für immer festhalten zu können.

© Birgit Bremer-Fözö 2021-04-16

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