von CherryMitchell
Ich sitze auf dem Boden meines Zimmers. Naja, zumindest war das hier einmal mein Zimmer. An den Wänden hängen Bilder von meiner Familie. Alle lachen miteinander, doch ich bin kein Teil davon. Ich sitze immer noch auf dem Boden eines Zimmers, in dem ich Mal gelebt habe. Wenn ich die Augen schließe, fühlt es sich an als wäre ich nie woanders gewesen. Es fühlt sich so an als würden um mich herum hunderte Stapel Müll liegen. Es fühlt sich so an als wäre ich nicht im Hier und Jetzt, sondern wieder 14 Jahre zurück. Der Arzt sagt, es ist mein PTBS was aus mir spricht. Meine Familie sagt, es sei die Aufmerksamkeit, die ich nur will und Menschen, die mich überhaupt nicht kennen, die denken, ich sei verrückt.
Was mache ich hier also auf dem Boden meines alten Zimmers? Welche Hoffnung habe ich? Welches Ziel verfolge ich, um am Ende vielleicht auch eine Zukunft zu sehen?
Vielleicht sollte ich mir erstmal die Frage stellen, wer ich überhaupt bin? In meinem Ausweis steht etwas darüber wie ich heiße, wie groß ich bin und welche Augenfarbe ich habe.
Das äußerliche hätten wir also geklärt.
Aber was ist mit meiner Persönlichkeit? Wer bin ich, wenn mein Ausweis nicht bei mir ist? Wer bin ich, wenn mich ein Freund fragt, was ich an mir sehe?
Eine Antwort darauf habe ich, doch sie wird dir lieber Leser genauso wenig gefallen wie mir selbst, denn ich bin nichts. Ich bin die Leere, die sich in jedes Leben frisst und nur Dunkelheit hinterlässt. Ich sitze immer noch auf dem Boden meines Zimmers und um mich herum ist Müll. Tränen laufen über meine Wange und ich will hier nicht sein. Ich darf die Heizung nicht anmachen, weil ich Sport machen soll, um abzunehmen und damit mir warm wird. Ich soll mein Zimmer aufräumen, sonst werde ich bestraft und ich schreie um Hilfe, die ich niemals bekomme. Ich habe Hunger, doch ich weiß, dass ich nicht an den Kühlschrank darf. Ich weiß, dass meine Mutter kochen wird, doch nicht für mich, sondern nur für alle anderen.
Ich schließe meine Augen und als ich sie das nächste Mal öffne sitze ich nicht mehr auf dem Boden eines Zimmers, in dem ich mal gelebt habe, sondern ich stehe in meiner eigenen Wohnung vor meinem eigenen Spiegel. Kontakt zu meiner Familie habe ich nicht mehr, doch das ändert nichts an meinen Gedanken.
Der Spiegel zeigt mir eine Frau, mit schulterlangen Haaren. Ich glaube, es gibt nicht nettes über mich zu sagen. Es gibt nichts Gutes, was ich über mich gelernt habe. Ich wurde gehasst mein ganzes Leben lang und jetzt hasse ich mich selbst. Eigentlich kann ich nichts dafür das ich so psychisch krank bin, dass ich mein Bett kaum verlassen kann und weder arbeiten noch Dinge für die Uni schaffen kann, doch auf der anderen Seite bin ich auch irgendwie selbst schuld. Meine Erfahrungen und Gedanken stehen mir selbst im Weg. Ich manipuliere alles an mir, was ich nur manipulieren kann. Jedes kleine Ziel, welches ich erreiche, bedeutet mir nichts, denn wer ist schon stolz auf sich, wenn er einfach nur einkaufen geht (Gesunde Menschen können das doch auch total einfach). In den Augen meines Mannes bin ich die Perfektion. Er sagt mir jeden Tag wie toll ich bin, doch ich habe gelernt mich zu hassen. Ich habe gelernt, dass ich es nicht wert bin geliebt zu werden und ich schätze, es wird noch ein langer Prozess sein bis ich lerne, dass alles, was ich in der Vergangenheit gelernt habe, nicht der Wahrheit entspricht. Was ich über mich jedoch feste sagen kann ist, dass ich eine Kämpferin bin.
© CherryMitchell 2024-10-08