Ich musste einen riesigen neunjährigen Kater übernehmen, mit dem ich mir einiges mitmachte. Erstens war er sehr misstrauisch und schlug schnell zu, mit einem Hieb, den man einer Katze nie zutrauen würde. Zweitens war er mindestens so sensibel wie schreckhaft und wurde schnell krank. Er hatte alle möglichen Hautkrankheiten aufgrund von Allergien.
Jeder Mensch weiß, dass Katzen nicht mit Salben behandelt werden können, weil sie ausflippen und alles abschlecken. Bei Juckreiz kratzen sie so lange, bis alles wund und offen liegt. Das einzige aber quälende Mittel wäre eine Halskrause, damit sie nicht beißen und schlecken können, aber Kratzen funktioniert dann immer noch. Mit speziellem Diätfutter vom Tierarzt, das sicherlich fade schmeckte und nur bei großem Hunger gefressen wurde, bekam ich das Aufflammen der Hautentzündungen immer wieder in den Griff, bis auf das eine Mal, wo meine und die Kunst der Tierärzte versagten.
Der arme Gisi verlor plötzlich die Haare rund um den Hals, die entzündete und juckende Haut lag blank und es entstanden immer mehr Geschwüre. Er vergrub sich in einem Korb und blieb tagelang drinnen, außer wenn er zur Toilette oder zum Fressen herausmusste. Ich wechselte ständig seine blutigen Handtücher, auf denen er lag. Eine Hautstanze wurde veranlasst, um zu sehen, woran die Krankheit lag. Meine These war, dass er mit irgendeiner Situation nicht klar kam und reagierte. Nur welche?
An einem Wochenende war ich so verzweifelt, dass ich es fertig gebracht hätte, ihn zu erschießen, als ich von oben in den Korb blicken musste. Das Tier litt und ich konnte nicht helfen, außer mich zu ihm zu setzen und ihn zu trösten. Dann hatte ich eine zündende Idee: Ich begann aus einem Meter Abstand mit meinem Therapielaser konsequent seine Wunden zu behandeln. Dabei musste ich sehr vorsichtig sein, damit der den roten Punkt nicht zu sehen bekam, weil er sofort weggesprungen wäre. Er beäugte mich ohnehin und stellte fest, dass ich etwas in der Hand hielt. Ich tat so, als wäre ich mit etwas anderem beschäftigt und leuchtete dann schnell auf die offenen Stellen. Wenn er sich bewegte, leuchtete ich woanders hin. Er merkte es jedesmal und zeigte mir dadurch an, dass es wirkte. Langsam verlor er auch die Angst davor.
Das Wunder geschah, der Juckreiz nahm ab und es fanden sich bald kleine Fellinselchen, die nach und nach zusammenwuchsen. Wie freute ich mich zwischen Hoffen und Bangen, ob der Erfolg auch anhalten würde! Und tatsächlich wurde der Kater wieder vollkommen gesund. Auch das Diätfutter konnte wieder abgesetzt werden.
Dann übersiedelte ich in mein nunmehriges Wohnhaus mit Sack und Pack und meinem geliebten Gisi. Er war zwanzig Jahre alt und genoss Haus und Garten. Leider war unser Glück nur von kurzer Dauer, er fraß von einem ihm unbekannten Rattenköder in der Nachbarschaft und musste diesmal wegen unstillbarer Blutungen und Krämpfen an einem Feiertag eingeschläfert werden.
Die Notärztin kam zu uns nachhause. So traurig!
© Barbara Riccabona 2022-03-13