In der Therapie habe ich das oft gehört. Es ist gut Aussagen, Meinungen und einfach Gesagtes gelten zu lassen. Es hört sich ja ganz einfach an, und dennoch habe ich den Sinn erst vor kurzem wirklich begriffen.
In unser schnellebigen Welt hat kaum jemand Zeit dem anderen richtig zuzuhören und das Gesagte mal sacken zu lassen. Wir reden oft aneinander vorbei und dennoch sind wir froh unseres von der Seele geredet zu haben.
Als ich bereit war eine Familie zu grĂŒnden, machte ich mir keine Gedanken was eine psychische Vorgeschichte im spĂ€teren Leben fĂŒr Auswirkungen haben könnte. Mag schon sein, dass manche ihren Kopf geschĂŒttelt haben, doch konfrontiert wurde ich damit nicht. Alles schien sich zu erfĂŒllen, eine glĂŒckliche kleine Familie.
Mein Sohn kam 5 Wochen zu frĂŒh auf die Welt und plötzlich sah ich mich der Krankenhaus Psychologin gegenĂŒber sitzen. Nach ein paar Antworten auf ihre Fragen verschlug es mir die Sprache. Ihr Urteil:“Es wird nicht funktionieren“.
Vielleicht war dies schon der Grundstein fĂŒr die Rebellion. Als Kind musste ich mich stĂ€ndig beweisen, darin war ich Meister.
Aufgeben entsprach auch nicht meiner Natur, also versuchte ich alles so gut ich eben konnte zu kompensieren. Bei vielem fĂŒgte ich mich auch um Konfrontationen zu vermeiden. Immer mehr entglitt ich meinem ich.
Als meine Tochter eine Woche alt war, wollte ER gehen. Ich war total ĂŒberfordert und hatte furchtbare Angst alles alleine zu stemmen.
Auch das EhegelĂŒbte zerrte an mir.
In all den Jahren der Herausforderung sind mir viele schlaue Menschen begegnet doch keiner von ihnen hat mir auch nur einen Funken Hoffnung geschenkt. Niemand hat daran geglaubt. Aber auch niemand hat mich auch nur ein einziges mal gefragt wie ich mir das denn eigentlich vorstelle? Ich musste mich mit dieser Frage gar nicht auseinander setzen.
Ich merkte gar nicht wie verbohrt ich schon war. Mein Ziel glich eher einem tĂ€glichen Ăberleben und einfach weiter im Hamsterrad.
Bis mir voriges Jahr eine Ărztin wirklich zuhörte. Sie interressierte sich fĂŒr das Familiensystem. Ihre Worte:“ So geht’s nicht weiter, Ă€ndern Sie was!“
Das saĂ. Der Ball war plötzlich bei mir gelandet. Ich sollte etwas verĂ€ndern. Zuvor hatte ich immer gewartet, dass durch mein Handeln ER oder unser Zusammenleben sich verĂ€ndert.
Ich traf dann eine Entscheidung. FĂŒr mehr reichte meine Energie jedoch nicht. Dann verlor meine Mutter noch den Kampf gegen Krebs. Ausgelaugt steigt man nicht in eine Arena. 16 Jahre Homeoffice hat mich ziemlich isoliert, zu wenig soziale Kontakte, welche mir jetzt den RĂŒcken stĂ€rken konnten. Corona und Homeschooling gab mir dann noch den Rest. Ich musste irgendwie zu KrĂ€ften kommen. Die Ferien zerrten an mir, stĂ€ndig alle um mich herum, kein Raum um frei durch zu atmen.
Und dann war ich plötzlich soweit. Mein Kind konnte nicht mehr und jetzt wusste ich es. Ein klarer Schnitt, auch auf dem Papier und ein neues zu Hause.
Der Horizont ist wieder sichtbar. Bald haben’s wir geschafft.
© Birgit Hofstötter 2020-10-11