Gerngroß

GONI

von GONI

Story

Meine erste Rolltreppe erlebe ich an der Hand meines Vaters. Da gehen wir zu Elektrolux in der Mariahilferstrasse. Er hat beruflich zu tun. Penta uns Archimedes, Außenbordmotoren aus Schweden. Wenn ich brav warte und ruhig bleibe, gehen wir anschließend Rolltreppen fahren beim Gerngroß. Das 1. Kaufhaus mit einer Rolltreppe. Kinder nur in Begleitung von Erwachsenen. Da wird aufgepaßt, ein Mann überwacht alles und hilft den Leuten mit Anweisungen.

Wir gehen hinein und eine große Halle lässt den Blick auf mehrere Etagen fallen, die in einem großen Bogen wir riesige Balkone mit Geländer aussehen und genau gegenüber dem Eingang der Stiegenaufgang.

Ich frage müssen wir was kaufen? Was brauchen wir? Nichts, kommt als Antwort. Ich verstehe das nicht, wenn ich in ein Geschäft gehe, will ich doch was kaufen. Nein heute nicht. Ich dachte gleich die lassen uns nicht rein, weil wir doch nichts kaufen. Es war laut, irgendetwas rasselt und scheppert, ächst und stöhnt. Eine Menschentraube versperrt die Sicht. Mir besonders, ich bin noch klein. Dann etwas seitlich sehe ich das lärmende Ungetüm. Sehr schmal, nach oben breiter werdend,

Holzverkleidung und wackelnde Treppen die sich bewegen. Mit Holzleisten. Oben verschwinden die Treppen und unten kommen sie aus dem Nichts heraus. Wieder und wieder. Eine Gummileiste aber nicht für mich. Es ist so schmal, dass nebeneinander keiner stehen kann. Wir gehen dorthin, ich will nicht recht, aber schon zieht mich Vater zu den Treppen. Spring kommt die Anweisung. Nun steht die Treppe, wackelt und rüttelt fürchterlich, ich will mich mit der 2. Hand abstützen, suche Halt aber die Wand bewegt sich. Nein der feste Griff meines Vaters hält mich fest und gibt mir Sicherheit. Dann schon das nächste Kommando: spring, aber mehr werde ich gezogen und habe wieder festen Boden unter den Füssen. Das war nicht lustig, mit dem Ungeheuer.

Später ist immer wieder von Unfällen berichtet worden, wenn Leute stürzten und mit den Händen oben in den Rechen gerieten, da waren Handverletzungen die Folge, auch der eine oder andere Finger wird abgetrennt. Heute sind die Rolltreppen stark verbessert und sicherer. Ein, zwei Jahre später bin ich dann allein dort gefahren, wurden aber höflich ersucht die Treppe nicht als Spielplatz zu nutzen. Es waren immer Aufpasser mit Uniform in der Nähe. Hinunter gehen wir zu Fuß, die erste Rolltreppe ging nur nach oben. Lustig ist es den Leuten zuzusehen wie sie die Stufen erreichen wollen, forsch, zögerlich, zierlich, oder hüpfend. Gerne wäre ich schon groß, bin aber im Gerngroß!

Da war auch der Herzmansky, im gleichen Häuserblock näher der Innenstadt. Die beiden Häuser standen lange in Konkurenz, hatte der eine eine attraktive Neuerung zieht der andere nach. Und dazwischen das große Palmers Geschäft. Meine Bewunderung galt immer den Ponny’s mit den giftgrünen Kutschen, die in Wien die Warenverteilung besorgten. Auf dem Kutschbock ein Mann in Uniform mit Zylinder.

© GONI 2020-02-28

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