Geschichte der O.

Lupodimare

von Lupodimare

Story

Du bist wunderschön. Wenn ich an deinen Körper denke, werde ich schwach. Nie zuvor habe ich etwas Eleganteres gesehen. Du bist formvollendet, jedes Detail perfekt. Ich bewundere dich von oben bis unten. Dein Aussehen glĂ€nzt, strahlt sogar in der Nacht. Wie schlank du daherkamst! Einfach umwerfend. Und das war nur der Ă€ußerliche Eindruck; die inneren Werte sind noch viel erheblicher! „Lucius, wach auf! Du hast getrĂ€umt.“

Ja, aber von Christina O. Das ist nicht nur dieses zauberhafte Schiff, was vor ihnen am Kai lag, sondern auch die ehemalige Privatyacht des griechischen Reeders und MilliardĂ€rs Aristoteles Onassis. 1942/43 im kanadischen Montreal als Kriegsfregatte gebaut, war sie unter dem Namen „Stormont“ am D-Day der Alliierten in der Normandie angelandet. Nach dem Krieg erwarb Onassis das Schiff fĂŒr 34.000 US-Dollar und ließ es in Kiel auf der Howaldtswerft zur Luxusyacht umbauen, verlĂ€ngern und 1954 auf den Namen seiner Tochter taufen. Die es auch erbte, aber spĂ€ter dem griechischen Staat schenkte. Und der verkaufte es weiter.

„Sag‘ mal, gibt es auch etwas, das du nicht weißt?“ Andrea war jedes Mal auf‘s Neue begeistert. Er sei noch nicht fertig, es komme noch was: Ein weiteres Refit erfuhr Christina O. von 1998 bis 2003 in einer kroatischen Werft zu einem der luxuriösesten Charterschiffe mit Hubschrauberlandeplatz im Bug und Pool im Heck: Das Becken mit einem minoischen Mosaik kann abgesenkt und in eine TanzflĂ€che verwandelt werden. Heute schĂ€tzt man ihren Wert auf 25 Millionen US-Dollar. „Das ist viel“, meinte Andrea.

„Ich kann dir auch von der Besatzung erzĂ€hlen.“ Onassis‘ Freund Winston Churchill sei Stammgast gewesen, auch der junge John F. Kennedy, vor allem Maria Callas und Jackie K., die beiden vielleicht wichtigsten Frauen im Leben des Eigners (neben der Namensgeberin, versteht sich), seien die bekanntesten Passagiere, wenn man einmal absieht von den Hochzeitsfeierlichkeiten von Grace Kelly und Rainier III. (Monaco). Zur Prominenz auf Christina O. gehörten ĂŒber die Jahrzehnte hinweg Maria Callas, Frank Sinatra, Richard Burton mit Elizabeth Taylor, John Wayne, König Faruk von Ägypten, der Aga Khan, Marilyn Monroe, John D. Rockefeller und J. Paul Getty. SpĂ€tere Charterer waren Paul McCartney, Puff Daddy, Prinz Andrew mit Ex-Ehefrau Sarah Ferguson, Donatella Versace, Tommy Hilfiger, Madonna, Jonny Depp und und und.

Trotz der enormen GrĂ¶ĂŸe, wusste Lucius, könne die Christina O. selbst heute maximal 30 GĂ€ste aufnehmen. Das liege an der mehr als ĂŒppigen Ausstattung des Schiffes – allein die „Eigner-KajĂŒte“ (sofern diese Bezeichnung noch angemessen ist) ist 750 qm groß. „HerzstĂŒck aber ist und bleibt die Bar, die manche SkurrilitĂ€t aufweist“, schmunzelte Lucius jetzt in sich hinein: Die Barhocker sollen ursprĂŒnglich mit dem Leder eines ganz bestimmten Körperteils von Walen bezogen gewesen sein. Onassis hat dort einmal zu Greta Garbo gesagt: „Sie sitzen auf dem grĂ¶ĂŸten Penis der Welt“.

© Lupodimare 2023-04-06