Geschubse

Story

Theoretisch ist das alles ganz easy. Vom BĂŒro bringt mich die U6 ganz rasch nach Meidling, von dort fĂ€hrt jede Stunde ein Railjet ab, der nach nur einem einzigen Zwischenstopp in Wiener Neustadt in der kleinen Heimatstadt Halt macht. Dort wartet dann das Car sharing Auto und ich gelange CO2 sparend und ausgeruht ins HĂ€uschen am Waldrand. Die alte Ghega Strecke ĂŒber den Semmering verlĂ€ngert zwar die Reisezeit, macht aber nix, entweder begleitet mich ein spannendes Buch oder ich schau mir zum wiederholten Mal die wunderschöne Landschaft an.

Soviel zur Theorie, aber da gibts dann die Ausnahmen, die sich in letzter Zeit hÀufen.

VerspĂ€tungen, gecancelte ZĂŒge, vollgestopfte Waggons, in der U6 niemals ein Sitzplatz, heute stehen wir ohne irgendeinen Abstand, aufgereiht wie Perlen am Seidenband, im Mittelgang des Zuges.

Sitzplatzreservierung wĂ€re auch keine Option gewesen, niemals hĂ€tte ich mich dorthin durchkĂ€mpfen können. Einige obercoole mĂ€nnliche Wesen probieren es natĂŒrlich trotzdem, tragen Rucksack und vergessen dann, dass sich dieser genau in meiner Kopfhöhe befindet, im besten Fall verlier ich dann nur einige lange Haare, die sich in irgendeinem Kordelzug verfangen haben. Wenn ich Pech hab, so wie heute, dann gibts einen blauen Fleck, natĂŒrlich unbemerkt vom Verursacher, der ist ja mehr als einen Kopf grĂ¶ĂŸer als ich und doppelt so schwer.

Nach einer halben Stunde GedrÀnge folgt dann das Geschubse derer, die aussteigen wollen. Arbeitsschutzschuhe mit Stahlkappen wÀren jetzt gut, Trolleys bedrohen meine Zehen, temperaturbedingt hab ich nur leichte Sandalen an.

Aber gleich ist es geschafft, der Zug ist jetzt fast leer und mir bleibt eine Stunde, die ich bequem sitzend und entspannt verbringen kann, sogar der Platz neben mir ist frei.

Theoretisch ist alles ganz easy!

© 2021-09-10

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