Gespräch unter Freunden

Laura Henk

von Laura Henk

Story

Bevor ich meine Haustür aufschloss, erinnerte ich mich an das Durcheinander drinnen. Ich hatte immer alles einfach stehen und liegen lassen und war nicht in der Lage gewesen, aufzuräumen. Doch jetzt war es zu spät. Ich konnte Henry ja schlecht vor der Tür stehen lassen.

„Entschuldige, ich hab es nicht geschafft sauber zu machen..“, murmelte ich und betrat nach ihm die Wohnung. Auf den Boden hatte ich achtlos meine dreckige Wäsche geschmissen. Überall lag Müll und alles was nicht Niet und Nagelfest war stand einfach da wo ich es abgestellt hatte. Sofort machte ich mich daran, wenigstens den Tisch frei zu räumen, sodass wir eine Tasse Tee trinken konnten. „Warte, ich helfe dir“ Ich ließ zu, dass mir Henry ein paar Sachen abnahm und Wasser für Tee aufsetzte. Still nahm ich Platz und überlegte, was ich ihm sagen sollte. Währenddessen brachte er den Tee an den Tisch und setzte sich mir gegenüber auf den Stuhl. Vorsichtig nippte ich an meiner Tasse, darauf achtend, mich nicht zu verbrennen. Aber irgendwie wollte mir der Tee nicht so richtig schmecken. Durch die Trauer und Schlaflosigkeit hatte ich meinen Appetit verloren. Ich setzte die Tasse ab und starrte sie an.

„Ich will, dass es endlich aufhört. Ich will, dass diese Nacht vorbei ist“, sagte ich und schloss meine Augen.

„Ich weiß, wie schwer es dir fällt. Aber kein Dunkel bleibt ewig, der Morgen wird wieder kommen!“ Ein bitteres und schmerzvolles Lächeln umspielte meine Lippen.

„Wird er das?“ Ich öffnete meine Augen und sah meinen Freund direkt an.

„Mit ansehen zu müssen, wie sie leidet und das Leben aus ihr verschwindet. Du stehst nur da, unfähig, etwas zu tun, mit dem Gedanken im Kopf, dass du sie nie wieder sehen wirst. Und du sprichst von einem Morgen?“ Henrys feuchte Augen schienen ein paar Tränen loswerden zu wollen, doch er schluckte sie hinunter. Ich schloss meine Augen und nahm einen tiefen Atemzug.

„Ich wünschte, ich könnte es dir leichter machen“, brachte er mit erstickter Stimme hervor. Sofort bahnte sich ein Schluchzer aus meiner Kehle.

„Du hast keine Ahnung, wie erdrückend das Wissen ist, sie nicht mehr an meiner Seite zu haben. Jede einzelne Erinnerung an ihre Berührungen lässt einen schmerzvollen Stoß durch meinen Körper fahren…Ich bekomme keine Luft mehr…Mein Herz sticht so sehr in meiner Brust und ich würde es gerne herausreißen. Von den schönen Erinnerungen wird mir schlecht, weil ich weiß, dass sie nie wieder zurück kehren werden“ Eine Träne schaffte es aus meinem Auge, gefolgt von einer weiteren. Immer mehr suchten sich einen Weg nach draußen und ich saß einfach da, mit bebendem Körper, unfähig etwas dagegen zu tun. Schnell stand Henry auf und drückte mich fest an sich.

„Ich weiß, dass ich keine Worte finden werde, um dich trösten zu können. Ich hoffe nur, du weißt, dass ich immer da sein werde, um dir zuzuhören“ Leicht lächelte ich ihn durch meine Tränen hindurch an.

„Danke, das bedeutet mir viel..“, presste ich hervor und versuchte mich wieder zu beruhigen.

© Laura Henk 2022-06-13

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