Einen Garten – an einem Steilhang gen Südwesten, mit Hilfe von großen Felsbrocken in kleinen Terrassen angelegt. Nichts ist gerade hier, alles ist rund und irgendwie verwinkelt – aufrichtiges Bemühen, der Natur und ihren Lebewesen einen kleinen Flecken vom Paradies zu schenken.
Es ist früh. Ein trüber Morgen. Eifriges Gezwitscher in den kahlen Zweigen der Akazie. „Schatz, schau´ doch, hier könnten wir . . .“ Die Blaumeisendame ist unschlüssig, ob sie sich den eigens sehr hoch oben im Baum abgehängten Nistkasten für die Aufzucht des gemeinsamen Nachwuchses vorstellen kann. „Nun sei doch nicht so wählerisch, hier sind wir sicher vor den Katzen!“ Eine Weidenmeise meldet sich mit zartem Stimmchen zu Wort: „Wenn ihr nicht wollt, ich nehme gerne . . .“
Das plötzliche Erscheinen von Kater Charly und Chilly, seiner Schwester, setzt dem geschwätzigen Hin und Her ein jähes Ende. Eine Schrecksekunde – aber die Miezen haben sowieso anderes im Sinn. Der nahe gelegene Wald verspricht raschen, erfolgreichen Beutezug. So viele Mäuse in diesem Jahr – es raschelt überall, raschelt ohne Unterlass.
Der Vormittag schenkt endlich ein paar schüchterne, wärmende Sonnenstrahlen – eine Erleichterung für die jungen Obstbäumchen. So wie es sich für Großmutters Garten gehört, wurden jüngst Pfirsich und Kirsche fürs Enkelkind gesetzt. Und nun stehen sie da, die zarten Zweige gebogen, als wollten sie sich selbst umarmen, um sich vor dem Frost und Schnee der letzten Tage zu schützen. Ihre seidigen Blüten, die den Verlockungen der warmen Märztage nicht widerstehen konnten, hängen kraftlos herab – ein Bild des Jammers. Die niedrige, üppige Wildrose, bestens angepasst an die allseits bekannten Wetterkapriolen der Region, hat wenig Mitleid mit den zart besaiteten Schönheiten: „Ihr hättet es wissen müssen! Das Salzkammergut ist eben nichts für empfindliche Gemüter wie ihr es seid!“ Demütig stimmen sie der selbstbewussten Rose zu. Ob es vielleicht doch bald wärmer wird?
Am Nachmittag kommt im Garten Aufbruchstimmung auf. Da umschwirrt eine erste Hummel die prallen Knospen des Blauregens, schier unwiderstehlich ist der bezaubernde Duft. Im Komposthaufen regt es sich, der Hausrotschwanz knickst – und knickst – die Dame seines Herzens ist hingerissen von seinem Charme. Vereinzelt krabbeln Waldameisen über die leeren Gemüsebeete. Die Vorhut wahrscheinlich – das restliche Volk hält wohl noch Winterruhe unter der Steinmauer. Frau Nachbarin Maus schnuppert geschäftig. Keine Katzen in Sicht, also – husch – holt sie sich flink die Sämereien vom Fuß des Vogelfutterhauses. Die duftigen Buschwindröschen kichern darob, und neigen der schlauen Diebin anmutig ihr Köpfchen zu.
Nun ist es spät, die Wolken lassen der Sonne großzügig den Vortritt. Mild ist die Luft, das Abendlicht taucht die Szenerie in goldfarbene Wärme. Auf dem Giebel des Hausdaches hat eine Amsel Platz genommen.
Ich lausche ihrem betörenden Gesang – wie friedlich ist es hier . . .
© Karin Mayerhoffer 2021-04-25