Nach der Wahl von Friedrich Merz und den endlosen Debatten darüber, warum man CDU/CSU-Wählern langsam das Wahlrecht entziehen sollte, begann auch ich mich zu fragen, ob ich Dinge tue, die auf andere ähnlich selbstzerstörerisch oder sogar minderbemittelt wirken könnten. Abgesehen davon, dass ich ständig überzogene politische Texte verfasse — in der naiven Hoffnung, die Leute würden sich dadurch vielleicht mal intensiver mit dem politischen Geschehen beschäftigen, statt nur die reißerischen Überschriften zu lesen — blieb da diese eine Sache: Ich rauchte.
Mama kommt – mit genau diesen Worten begann vor sehr vielen Jahren meine glorreiche Karriere als Raucher. Seitdem gab es wohl kaum einen Moment, in dem diese schmutzigen Krebsstängel nicht irgendwo griffbereit waren. Da die coolen Kinder von früher heute alle gar nicht mehr so cool sind, weil sie mit Arbeitslossein und Verschwörungenaufdecken beschäftigt sind, ist für mich die Zeit gekommen, meinem stetigen Begleiter Adieu zu sagen.
Ebenso verging kein Tag, an dem sich nicht irgendjemand dazu berufen fühlte, mir mit leuchtenden Augen zu erklären, wie unfassbar schädlich das Rauchen doch sei. Als rauchender Kraftsportler, der besonders auf seine Ernährung achten musste, fühlte es sich besonders gut an, solch einen lebensverändernden Ratschlag stets von einer Plus-Size-Brigitte zu bekommen, die selbst als Nichtraucherin bei der kleinsten Anstrengung wie eine Lokomotive klingt. Ich habe mir damals eine Sache geschworen: Sollte ich eines Tages mit dem Rauchen aufhören, werde ich all denen, die mich ständig ungefragt auf die Risiken des Rauchens hingewiesen haben, ebenfalls ständig ungefragt auf die Risiken ihres beschissenen Lebensstils hinweisen. Also, hier sind wir jetzt: Ich bin Nichtraucher.
Immer wenn ich kurz das Verlangen nach einem Glimmstängel spĂĽrte, stellte ich mir vor, wie ich ihnen erklären werde, dass ihr „grĂĽner“ Smoothie aus dem Supermarkt oft mehr Zucker enthält als eine Cola. Bei jedem Blick auf einen Zigarettenautomaten malte ich mir aus, wie sie reagieren wĂĽrden, wenn ich ihnen erkläre, dass jedes Kilo Ăśbergewicht das Risiko fĂĽr Arthrose erhöht. Doch eines ist sicher: Immer wenn ich ihnen Vorträge darĂĽber halte, wie ungesund Konservierungsstoffe sind, werde ich während des Sprechens die Augen geschlossen halten, um noch unsympathischer zu wirken. Ich werde mich dabei so geil und erhaben fĂĽhlen.
Nichtraucher sein ist wirklich schön. Vertraut mir.
© Michael Arwin Urban 2025-07-06