Gewalt in der Kindheit

Sybille Klubkowski

von Sybille Klubkowski

Story
Menden

Ich bin am 27.12.1987 in Nysa, Polen geboren. Meine Mutter war eine Musterschülerin und doch war mein Vater ihre große Liebe. Obwohl er das Gegenteil von ihr war und meine Großeltern gegen die Beziehung und Ehe waren. Aber meine Mutter hatte sich bereits entschieden. Als ich zur Welt kam, kümmerte das meinen Vater herzlich wenig. Nachdem die Mauer fiel, zogen wir nach Deutschland. Meine beiden Urgroßeltern waren Deutsche. Bis ich in die erste Klasse ging, war ich aber regelmäßig bei meiner Oma. Sie pendelte zwischen den beiden Ländern während mein Opa in Deutschland gearbeitet hatte. In Polen haben wir das Haus. Ich musste jedes Mal weinen, wenn ich aus einer Traumwelt wieder zurück nach Deutschland musste. Mein Vater war hoch aggressiv, hatte regelmäßig mich und meine Mutter verprügelt. Er war ein echter Tyrann. Erst viele Jahre später realiserte ich, dass ich traumatisiert war! Immer, wenn er gewalttätig war, habe ich am ganzen Körper heftig gezittert und konnte mich nicht so schnell beruhigen. Zwei Mal musste ich sogar die Polizei rufen, weil das so heftig war. Er hat mich mit seiner Faust oder mit seinen Gürtel geschlagen. Hatte oft blaue Flecken. Und meine Mutter hatte er gewürgt, an den Hals gepackt, sie in die Luft gezerrt (er war wesentlich stärker und größer als sie) und einmal wurde sie ohnmächtig. Er hatte sie mindestens vergewaltigt. Sie schrie um Hilfe. Alle Bilder hatte ich noch viele Jahre im Kopf gehabt. Meine Mutter hatte durch ihn einen richtigen Dachschaden bekommen. Sie war psychisch abhängig von ihm! Er hatte andere Weiber, hatte Prostituierte aus Polen angeschafft, hat schwarzgearbeitet, machte krumme Dinger, war oft tagelang nicht Zuhause während meine Mutter die Sprache lernte und eine Ausbildung zur Altenpflegerin machte. Einmal hatte er eine große Waffe im Auto gehabt. Wir zogen etwa jede 2 Jahre um. Es war immer so, dass sie ausgezogen ist und er kam ihr hinterher. Meine Mutter wurde immer weich, denn sie konnte ohne ihn nicht leben. Sie war depressiv und entwickelte eine Ess-Brech-Sucht. Erinnere mich wie wir oft auch nachts zu meinem Opa geflüchtet sind. Ich weiß noch wie ich schon als Grundschulkind nicht mehr leben wollte. Die Gedanken hatte ich recht früh. Hab mir gewünscht, dass der Albtraum vorbei ist. Bei meinen Großeltern fühlte ich mich sicher. Als Kind war ich aggressiv. Schon da war ich depressiv, nur gemerkt habe ich das erst viele Jahre später. Jedenfalls war ich bei mehreren Psychologen, aber es war alles sehr spielerisch. Geredet habe ich nicht über das was Zuhause passiert. In der Hauptschule bekam ich wieder einmal eine 5 und war echt fertig. Die Lehrerin fragte mich was los sei und ich sagte ihr wie mein Vater drauf ist. Sie schickte mich zum Schulpsychologin oder Sozialarbeiterin; wer das eben war, weiß ich nicht. Sie schickte mich widerum zur Kinderpsychologin. Habe ihr alles erzählt, sie lud meine Mutter ein?.Sie verneinte das alles und das Thema war erledigt. Ich fühlte mich sehr hilflos, einsam und allein. Keiner konnte mir helfen. Die Polizei nicht. Die Psychologen nicht. Wirklich niemand. In der Schule wurde ich gemobbt. Das war alles unerträglich. Diese Einsamkeit spüre ich bis heute noch tief in mir! Mir fehlte es an Liebe. Fühlte mich nie geliebt. Als ich Erwachsen war, sagte mir meine Mutter mal, ich hätte ihr auch helfen können. Moment mal, ich war ein Kind! Wer soll wen beschützen? Ich würde den Partner rausschmeissen, wenn er mein Kind schlagen würde!

© Sybille Klubkowski 2023-05-31

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