Gewinner

Story

Das sind wir angeblich, wir die jetzt im Home Office arbeiten dürfen, weit weg von allen Gefahren des CDings, diese kurzen “Anfahrtswege“, die bequeme Kleidung und alles so easy mit der Kommunikation, wer braucht persönliche Treffen?

Weil ich schon so lange arbeite, und in unterschiedlichen Lebensabschnitten meine Arbeitswelt immer wieder neu den Umständen anpassen musste, mag ich den jetzt kritisch betrachten, diesen Hype um das Arbeiten von zuhause aus.

Ganz am Anfang, kinderlos, jung und engagiert, steck ich das locker weg, das vierzig, fünfzig Stundenpensum. Zu Mittag gibts am nahen Markt alles, was ich für einen kleinen Imbiss brauche, am Abend gehen wir oft aus, der Liebste und ich. Das bisschen Haushalt macht sich von alleine, eh klar wir sind ja kaum zu Hause. Im Büro kümmert sich die Putzfrau und am Schreibtisch, tja da bleibt alles genauso geordnet wie ich es hinterlassen hab.

Als dann Tochter eins nach meiner Karenz in die Kleinkindergruppe ging, hab ich als erste im Büro einen Teilzeitvertrag bekommen. In der Früh musste ich mich um nichts kümmern, da brachte der Papa sie in den Kindergarten.

Nach getaner Arbeit nutzte ich die Rückfahrt mit den Öffis zur Entspannung, holte meine kleine ausgeschlafene und gefütterte Maus am frühen Nachmittag ab. Zu zweit genossen wir den Spaziergang nach Hause, machten einen kleinen Umweg zum Bäcker und zum naheliegenden Spielplatz. Fröhlich plappernd erzählte sie von den Erlebnissen des Tages… …die Arbeit war ganz weit weg. Und mein Schreibtisch unberührt bis zum nächsten Morgen.

Komplizierter, klarerweise dann das Arbeiten mit zwei kleinen Kindern. Zweimal in der Woche fuhr ich ins Büro, kontrollierte Pläne und Unterlagen, Öfter mal war dann nicht genug Zeit um alles zu bearbeiten und Papierberge lagerten zwischendurch am Esstisch im trauten Heim. Home Office 1.0! Die bezahlte Arbeit war näher gerückt. Das bisschen Haushalt hatte sich vervielfacht und Hilfe fand sich in Gestalt meiner Schwester, die immer noch bummelnd studierte.

Schule, heranwachsende Töchter und eine Putzhilfe machten dann das Arbeitsleben wieder leichter. Immer noch kam ich am frühen Nachmittag nach Hause und Arbeitsunterlagen blieben fast ausschließlich im Büro. Ganz selten speicherte ich eine Datei auf Diskette und nutzte eine ruhige Stunde am Wochenende, um mich auf den Montag vorzubereiten . Home Office 2.0!

Dann führten meine geliebten Mäuse ihr eigenes Leben, es war egal wie viel Zeit ich im Büro verbrachte, und darum wieder eine strikte Trennung: keine Arbeitsunterlagen zu Hause!

Der Lockdown beschert mir Home Office 3.0 und das ist kaum auszuhalten. Gesprächsbedarf und verwirrte Kommunikation, Telefonterror, müde MitarbeiterInnen, weit weg von ihrer normalen Leistungsfähigkeit, Kettenmails, überlastete Plattformen . Das Arbeitstempo deutlich verringert.

Ohne persönliche Kontakte gehts nicht!

Das Home Office hat dann Vorteile, wenn es nur an einzelnen Tagen genutzt wird!

© 2021-04-30

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