von Angela Buchegger
Das ist ja echt verflixt mit diesem Girsch. Manchmal ist seine Anwesenheit glatt zum verrückt werden. Er breitet sich nach Belieben aus und verdrängt andere Kräuter. Manche Leute bezeichnen ihn als Unkraut und ich könnte nicht vor Neid erblassen, weil ich eventuell weniger Unkraut hätte als die Nachbarin. Darum bin ich ständig hinterher, um ihn zu dezimieren. Ich habe gelesen, natürlich im Internet: „Wenn man den Girsch loswerden will, muss man selbst auswandern!“
Nein, ich wandere natürlich nicht aus. So schnell lasse ich mich nicht kleinkriegen. Und ich bezeichne den Girsch nicht einmal als Unkraut. Zwischendurch habe ich mich ja schon mit dem Geißfuß, wie er auch heißt, arrangiert. Ich verwende ihn gerne in der Küche. Seine Blätter kommen auch zu den Frühlingssalaten. Eisen, Vitamin C-, Eiweiß-, Kalium- und Calciumhaltig sind sie wie kaum ein anderes Gemüse. Ich habe auch ein gutes Rezept für einen köstlichen Topfenaufstrich. Das leicht bittere Aroma rundet den Geschmack hervorragend ab. Ich gebe zwei Handvoll junge, feingeschnitte Girschblätter, Bärlauchblätter, Schnittlauch und Knoblauchraucke zu Biotopfen. Mit einem Eßlöffel Olivenöl, Steinsalz und Pfeffer wird abgerundet. Schmeckt köstlich zu frischem Bauernbrot.
Aus den gleichen Kräutern kann man ein bekömmliches Smoody zubereiten. Eine Kur mit diesem feinen Getränk ist bei Frühjahrsmütigkeit wirksam. Als Basis dafür nimmt man säuerliche Äpfel. Für die Frühlingsentschlackungskur ist dieses Gesundheitsgetränk ebenfalls zu empfehlen.
Zimperleinskraut wird ja der Girsch auch genannt, weil er vor allem die angestaute Harnsäure aus dem Körper räumt, die bei der Entstehung der Gicht und ihren schmerzhaften Symptomen eine große Rolle spielt. Ich werde nie den Sommerabend vergessen, an dem ich mein Girschbeet in einem besonderen Licht erstrahlen sah. Seine Blütendolden waren voll entfaltet und lagen wie ein feiner Schleier über dem saftig grünen Blattwerk. Die untergehende Sonne erleuchtete die ganze Pracht. Einfach herrlich sah das aus. Damals habe ich mich in den Girsch verliebt.
Seine Blütendolden verwende ich übrigens zum Zubereiten einer durstlöschenden, gesunden Kräuterlimonade. Und genauso wie Hollunderblütenlimo schmeckt auch diese köstlich. Nur leicht würziger. Als Tee wirkt das Heilkraut gut bei Blasenentzündung und als Öl bei Hexenschuss und Ischiasschmerzen. Einen Absud davon kann man zum Badewasser geben und so in ein gesundheitsförderndes Vollbad eintauchen. Warum der Girsch auch Geißfuß heißt, kommt davon: Wenn man ein Blatt vom Wurzelstock ablöst und dieses am unteren Ende des Stängels ansieht, zeigt sich dort ein kleiner Huf. Unter dem Namen Erdholler ist der Girsch in meiner Heimatregion bekannt.
Im Übrigen halte ich mich sowieso schon lange an die Aussage eines alten Mönches, der da behauptete: „Traue niemals einen Ort, an dem kein Unkraut wächst.“ Erntezeit ist von März bis Oktober. Die Blüten am besten im Mai.
© Angela Buchegger 2022-03-28