Gismo – kleiner Hund ganz groß

Heidemarie Leitner

von Heidemarie Leitner

Story

Also das mit den Hunden und mir ist so eine Sache. Ich finde Hunde und ihre Fähigkeiten durchaus sehr bemerkenswert, aber in meiner Nähe habe ich sie nicht gerne. Wahrscheinlich ist in meinem Gehirn die Hunde-Mensch-Verbindung irgendwie fehlgeleitet, oder mein „Steinzeithirn“ identifiziert jeden Hund als Säbelzahntiger. Sobald sich auch das kleinste Hundebaby nur in seiner typischen Hundemanier artikuliert, setzt in meinem Gehirn der Stressprozess ein. Da kann es schon vorkommen, dass eine mir sehr vertraute Schäferhündin sich für gute Knochen mit einem Sprung auf meine Schultern bedanken möchte und ich dann ohnmächtig am Boden liege. Die Liste meiner mitunter skurrilen Hundebegegnungen ist lang, aber bis dato bin ich noch von keinem Hund gebissen worden.

Vor einigen Jahren trat Gismo in mein Leben. Ein kleiner hellbrauner Husky-Chihuahua. Er verteidigte das Gartentor meines Onkels, obwohl er da nur zu Besuch war. Mit lautem Gebell und aufgeregten Sprüngen. Wahrscheinlich war es im zu viel, dass er meinetwegen in Ausübung seiner Pflicht geschimpft und an die Leine gelegt wurde. Seit geraumer Zeit sind wir Wegnachbarn und begegnen uns oft, aber ich bin für ihn immer noch die Person, die sofort verbellt werden muss, wenn sie nur in die Nähe des Gartens kommt. Ganz anders ist das mit meiner Enkelin. Sie ist eine richtige Hundeflüsterin. Besonders Gismo hat es ihr angetan. Schon als kleines Kind ist sie stundenlang neben ihm gesessen und hat ihn gestreichelt und er hat es genossen. Leider ist der kleine Hund vor einigen Jahren erblindet. Dennoch hat er nichts von seiner Lebensfreude eingebüßt. Er hat sich erstaunlich gut neu orientiert und seine „Hundeoma“ hat sich öfter mal die Frage gestellt, ober er wirklich nichts sieht, wenn er mal wieder aus ihrer Obhut ausgebüxt ist.

Aber bei aller Liebe und Fürsorge durch seine Besitzer haben auch die Zeit und das Älter werden nicht vor Gismo halt gemacht. Er ist jetzt ein alter Herr mit 11 Jahren und hat jetzt noch eine letzte große Aufgabe bekommen. Ein kleines Hundebaby, natürlich auch von bester Abstammung, wurde ihm zur Seite gestellt. Gismo ein wahrer „Grandseigneur“ meistert diese Aufgabe mit Bravour.

Bella der kleine Wirbelwind wurde von ihm auch schon bestens im Umgang mit mir eingewiesen: lauthals bellen und wild herumhüpfen, wenn ich mich dem Garten annähere.

Letztes Wochenende am Lagerfeuer im Garten hat sich Gismo ganz sanft an meine Füße gelehnt und ich habe mich überwunden und seinen Kopf gestreichelt. Er ist sehr krank. Vielleicht haben wir uns das letzte Mal getroffen.

Ich werde mich aber immer gerne an diesen für mich fast magischen Moment erinnern, wo dieser kleine Hund, durch seine große Geste, mein Herz erobert hat.

© Heidemarie Leitner 2021-08-13

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