von Hannes Zeisler
Mein erster Posten als Lehrer war an einer Privatschule in Wien. Aus Platzmangel mussten zweimal im Jahr eine Volksschul-und Hauptschulklasse nach Bad Ischl in eine Dependance ausweichen. Das war eine ziemlich mühevolle Angelegenheit, worüber ich noch berichten werde.
Ein Termin startete einmal im Fasching und wir jungen Lehrer nützten natürlich die Gelegenheit, auf Tanzveranstaltungen in Bad Ischl Bekanntschaft mit hübschen Mädchen zu machen. Besonders die Abende im Ramsauer gestalteten sich interessant. Zum Leidwesen der einheimischen Burschen waren unsere Bemühungen durchaus von Erfolg gekrönt.
Die mir anvertraute 3.Hauptschulklasse betreute auch Helmut W., ein Wiener Lehrer, mit dem ich bald Freundschaft schloss. Bei einer Tanzveranstaltung knüpfte er Bekanntschaft mit einer Susi G. und ich mit Vroni S.. In den sechs Wochen unseres Aufenthalts in Bad Ischl gab es immer wieder nette Treffen und der Abschied fiel uns schwer.
Kaum wieder nach Wien zurückgekehrt, kam uns die verrückte Idee, nochmals nach Bad Ischl zu fahren, um uns gebührend von unseren Bekanntschaften zu verabschieden. Bei mir war es ohnedies ein endgültiger Abschied, da ich inzwischen meine jetzige Frau kennengelernt hatte!
Helmut borgte sich das Auto seines Vaters aus und sagte ihm, dass er mich in meinem Heimatort Rudmanns besuchen möchte. Die Fahrt nach Bad Ischl hätte sein Vater wohl kaum goutiert! Es war Winter und die Straßen waren eisig glatt. In Pottenbrunn, vor St.Pölten, kamen wir ins Schleudern, rutschten quer über die Straße auf die linke Seite hinüber, eine leichte Böschung hinunter und drückten einen Gartenzaun um. Zum Glück gab es keinen Gegenverkehr, aber was die Besitzer des Zaunes sagen würden, verursachte doch ein mulmiges Gefühl!
Während sich Helmut bemühte, jemanden aufzutreiben, der uns aus unserer mieslichen Lage befreien sollte, schickte er mich in das Haus, um das Missgeschick zu klären. Schon bei der Haustür empfing mich eine ungewöhnlich freundliche Frau und erklärte mir: “Alles halb so schlimm! Vor drei Wochen ist schon genau das Gleiche passiert! Reparieren wir halt den Zaun noch einmal! Hauptsache, euch ist nichts geschehen!” Ich war wirklich angenehm überrascht, bedankte mich überschwänglich, weil ich mit einem Donnerwetter gerechnet hatte. Als die nette Dame auch noch einen heißen Tee kredenzte, waren wir sehr froh. Inzwischen hatte ein Traktor das Auto wieder zurück auf die Fahrbahn gebracht.
Da es außer einem etwas verbeulten Kotblech keinen Schaden gab, setzten wir unsere Fahrt nach Bad Ischl fort und erlebten noch einen sehr netten Tanzabend. Vroni war Faschingsprinzessin -sie hatte auch das Silberne Tanzabzeichen – und ich nahm Abschied, wobei ich ehrlicherweise auch erzählte, dass ich nun in einer festen Beziehung wäre. Sie war zwar etwas traurig, hatte aber durchaus Verständnis, da wir uns noch nicht sehr lange kannten. Ich habe nie wieder etwas von ihr gehört!
© Hannes Zeisler 2022-02-16